40 Jahre „Eis am Stiel“Was wurde aus den Stars des Kultfilms?
Tel Aviv – Es ging vor allem um Sex – und irgendwie auch um Liebe: Die Abenteuer der drei Jugendlichen Johnny, Benny und Momo in der israelischen Komödie „Eis am Stiel“ sind Kult. „Der Film ist so, als hätte man ihn vorgestern gedreht: Sex ist bis jetzt relevant, Musik ist bis jetzt relevant, lustige Situationen sind bis jetzt relevant“, sagt Zachi Noy auf der Terrasse seines Hauses in der Nähe von Tel Aviv. Der 64-Jährige spielte damals den übergewichtigen Johnny.
Vor 40 Jahren kam der erste Film der achtteiligen Reihe in die deutschen Kinos. Die drei Jugendlichen Benny (Yftach Katzur), Johnny (Zachi Noy) und Momo (Jonathan Sagall) versuchten in dem Streifen, die Herzen der Mädchen zu gewinnen – oder wenigstens, sie ins Bett zu bekommen. Benny schmachtete dabei Nili (Anat Atzmon) an, die allerdings lieber mit Mädchenschwarm Momo anbandelte.
Manche der Szenen sind auch heute noch überraschend offenherzig. Etwa, wenn die drei Jungen zur liebeshungrigen älteren Stella gehen – und Momo und Johnny Sex mit ihr haben. „Ich dachte, ich bin tot“, erinnert sich Zachi Noy an den Dreh der Szene. Nackt zu sein mit einer doppelt so alten Frau – „für mich war das wirklich peinlich. Ich war sehr jung“, sagt er auf Deutsch. „Ich finde es geschmacklos, dass man meinen Arsch so viel gezeigt hat.“ Noy ist seit 35 Jahren mit seiner Frau Miriam verheiratet, hat zwei Kinder und zwei Enkel.
Schauspieler wurden in Israel zu Stars
Anat Atzmon hatte mit der freizügigen Art des Films dagegen nie ein Problem. „Ich weiß nicht, was am Nacktsein falsch ist“, sagt die 59-jährige, die in Tel Aviv lebt. „Es passte zur Zeit, es ist nicht billig, einfach ein bisschen offener.“
Der Film und seine Nachfolger machte die jungen Israelis vor allem in ihrer Heimat berühmt. „Ich war 18, und auf einen Schlag wurden wir drei Jungs die bekanntesten Gesichter in Israel“, sagt Jonathan Sagall, der ebenfalls in Tel Aviv lebt. „Ich konnte nicht auf die Straße gehen, ohne das jemand rief: „Da ist Momo, schau!“
Yftach Katzur sieht „Eis am Stiel“ heute als „Lebensabenteuer“. Durch seine Rolle sei sein Name auf ewig mit klassischen Nostalgieerinnerungen verbunden, sagt der 59-Jährige.Zachi Noy ist allerdings der einzige der vier, der heute noch im deutschen Fernsehen auftritt. Im vergangenen Jahr zog er etwa bei „Promi Big Brother“ ein, 2010 sang er in Lederhosen bei „Das Supertalent“ – doch beide Male bediente er vor allem das Klischee des „dicken und dummen Johnny“.
Pinkel-Skandal bei „Promi Big Brother“
„Beim Supertalent wurde ich reingelegt“, sagt Noy, der heute noch korpulent ist und sein verschmitztes Lachen hat. „Das war ein Fehler von mir, dass ich da war.“ Es sei ein Versuch gewesen, wieder ins Gespräch zu kommen. Auch bei „Promi Big Brother“ sei er ausgenutzt worden. Noy hatte, weil die Toilette länger besetzt war, in der Not in die Dusche gepinkelt. „Das war ein großer Skandal“, sagt Noy. Aber er habe „großes Geld für sehr wenig Zeit“ bekommen.
Noy spielt viel Theater in Israel, wie er erzählt. Kürzlich hat er auch für die Netflix-Serie „Deichbullen“ gedreht, in der er einen Polizisten spielt. Regelmäßig tritt er mit deutschen Schlagern als Johnny in Deutschland auf, sagt er. Auf einem Video ist zu sehen, wie er im Hawaii-Hemd und mit getönter Brille auf der Bühne vor einem Supermarkt singt. Zuschauer filmen ihn mit ihren Handys. Bei den Auftritten trägt er die Haare stets zur typischen Johnny-Tolle geformt.
„Eis am Stiel“ als Musical in Hamburg?
Alle vier Israelis spielten nach „Eis am Stiel“ noch in weiteren Filmen mit – allerdings unterschiedlich erfolgreich. Atzmon war etwa in dem Liebesdrama „Liebe ist ein Spiel auf Zeit“ (1986) mit Tom Hanks zu sehen. Sie studierte Theater, Englisch und Stepptanz in London und trat als Sängerin auf. Heute ist sie unter anderem im Jiddischspiel-Theater in Tel Aviv zu sehen.
Sagall ging mit Anfang 20 eine Zeit lang nach Los Angeles. Er heiratete – verließ seine Frau aber mit Mitte, Ende 20, als er feststellte, dass er schwul ist. Der gebürtige Kanadier spielte unter anderem in dem Holocaust-Drama „Schindlers Liste“ mit und schrieb für die palästinensisch-israelische Sesamstraße. Heute produziert der 58-Jährige mit seiner eigenen Firma Filme.
Katzur gründete später eine Werbeagentur. Heute ist er selbstständig, berät Firmen und verkauft Luxuswohnungen und -häuser. Allerdings träumt er immer noch davon, wieder als Schauspieler zu arbeiten, wie er sagt. Zachi Noy hat auch einen Traum: Er will „Eis am Stiel“ als Musical auf die Bühne bringen – in Hamburg. „Diese Lieder sind wie Diamanten“, sagt er über die Musik des Films. (dpa)