500 Folgen „Kölner Treff“Nur einmal war Bettina Böttinger richtig sauer
Köln – Eine mittlere Katastrophe, so war die erste Ausgabe der WDR-Talkrunde „Kölner Treff“ im Jahr 2006. Das sagt nicht irgendwer, sondern Moderatorin Bettina Böttinger selbst. Die Quote lag bei 2,8 Prozent. „Das war rekordverdächtig in Richtung Keller“, so die 62-Jährige im Gespräch mit dieser Zeitung. Das Konzept mit zwei Moderatoren, die nacheinander mit den Gästen sprachen, ging nicht auf. „Alle waren dann in Panik, nur ich nicht. Ich wollte nicht, dass es eingestellt wird und ich als Verliererin vom Platz gehe. Für mich war deshalb klar: Angriff ist die beste Verteidigung. Ich muss das Konzept verändern und das Ruder rumreißen“, erinnert sich Böttinger.
Und das gelang ihr. Fortan leitete sie allein eine klassische Gesprächsrunde. Und der „Kölner Treff“ entwickelte sich zu einer Erfolgsgeschichte. An diesem Freitag um 22 Uhr läuft im WDR Fernsehen die 500. Folge, eine „bombastische Zahl“, so Böttinger. Ihre Aufgabe hat die gelernte Journalistin für sich klar definiert. Sie halte es mit Alfred Biolek: „Er wollte vor allem immer ein guter Gastgeber sein.“ Und das ist auch ihr Anliegen. Sie will ihren Gesprächspartnern das Gefühl geben, einen schönen Abend zu erleben. „Die Gäste haben eine Erwartung. Für die ist das keine Routine, keine reine Werbekampagne. Sie lassen sich auf die Sendung ein, freuen sich, sind vielleicht auch unsicher und wollen im wahrsten Sinne des Wortes abgeholt werden. Das ist etwas total Schönes. Wir sind dann nur diese Runde, die Zuschauer und das Team. Die Welt kann draußen bleiben.“
Über die Zusammensetzung der Gäste mache sich das Team viele Gedanken. „Das ist ja das Spannende, das unterscheidet uns von Polit-Talkshows. Die wissen immer, wer da sitzt und welche Meinung er vertreten wird. Das weiß ich natürlich nicht. Ich weiß nicht, wo der Funke überspringt und ob er das überhaupt tut.“ Deswegen sei wichtig zu schauen, wer Gemeinsamkeiten hat, wer zu Beginn befragt wird und wer am Schluss. Sie habe es nie als schwierig empfunden, allen Gästen gerecht zu werden. „Ich habe die Zeit immer im Kopf. Ich bin zu höflich um zu sagen, ich lasse das eine Gespräch mal 20 Minuten laufen und für den nächsten bleibt keine Zeit. Das geht nicht. Ich teile das gerecht auf.“
Vorbereitung am Donnerstag
An ihrem „heiligen Donnerstag“ bereitet sie sich auf die Sendung vor, liest Dossiers, legt Themen fest. „Jeder, der einen Menschen interviewt, muss sich vorher fragen, welche Haltung habe ich zu jemandem. Bin ich zu begeistert, ist es schwierig, weil ich keine Distanz habe. Bin ich genervt, muss ich mich fragen, warum, und dann professionell und höflich damit umgehen.“ Egal, worum es im Leben gehe, man müsse aufeinander zugehen. „Dafür ist eine Talkshow auch da. Das ist die Urform der Kommunikation.“ Dabei stehe die Unterhaltung immer im Vordergrund, denn der Freitagabend sei nicht gemacht für die ganz harten Themen. Dennoch ist ihr eines wichtig: „Wir gehen auch einen journalistischen Weg. Wir wollen nicht nur Tralala machen und 90 Minuten durchkichern.“ Das sei nicht sinnstiftend.
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Böttinger nennt sich selbst einen Workaholic, aber als der WDR die Anzahl der Folgen aufgrund der guten Quoten erhöhte, wurde es selbst ihr zu viel. „Ich will nicht irgendwann einfach tot umfallen.“ Und deshalb hat sie sich die Moderation nun mit Susan Link und Micky Beisenherz aufgeteilt Sie macht 30 Folgen im Jahr, die beiden zusammen 15. Und ab Herbst wird sie dann auch am späten Dienstagabend – im Wechsel mit „NDR Talkshow“, „3nach9“ und einer neuen Runde des rbb – im Ersten zu sehen sein.
Bleibt eine Frage: Welcher der mehr als 3100 Gäste war denn am schwierigsten? „Das könnte ich sagen, mache ich aber nicht“, sagt sie und grinst. „Es war auf jeden Fall der einzige, der hinterher keinen Brief bekommen hat. Da hatte ich ganz schlechte Laune. Ich kann es auch zu Hause nicht leiden, wenn sich jemand daneben benimmt.“