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Andreas Schäfer im Kölner LiteraturhausDie Distanz zum Vater ist schmerzhaft

Lesezeit 2 Minuten
Andreas Schäfer, Autor DuMont Buchverlag

Andreas Schäfer, Autor des Textes „Die Schuhe meines Vaters“

Sein Vater liegt im Sterben. Für den Sohn ist es ist die letzte Chance, sich ihm zu nähern, bevor er ihn gehen lassen muss. „Die Schuhe meines Vaters“ heißt das Buch, das Andreas Schäfer am 28.11. im Kölner Literaturhaus vorstellen wird. Es ist ein Werk über die besondere Beziehung zwischen Vater und Sohn.

Plötzlich ist Eile geboten. Dem Schriftsteller Andreas Schäfer wird während eines verregneten Open-Air-Konzerts bewusst, dass ihm die Erinnerung an den verstorbenen Vater verloren geht. Jetzt soll keine Zeit vergeudet werden: „Nach Hause gekommen, setzte ich mich sofort an den Tisch, um etwas festzuhalten, zu retten, nein, ans Licht zu bringen, noch weiß ich nicht, was und wie genau.“

Schäfers Autobiografie erzählt von Scham gegenüber dem eigenen Vater

Der autobiografische Text „Die Schuhe meines Vaters“, den der Autor an diesem Montag im Literaturhaus Köln vorstellt, beginnt mit einer wuchtig zupackenden Ausnahmesituation. Da nämlich erleidet Robert Schäfer, der Vater des Erzählers, bei einer Untersuchung eine Hirnblutung. Möglicherweise war es ein Behandlungsfehler. Nun will der Oberarzt von der Familie wissen, „wann wir die Maschinen abstellen.“

Der Vater sei kein „einfacher“ Mensch gewesen, lesen wir. Er neigte zu Impulsivität, Dominanz im Gespräch, Wutanfällen. Der Erzähler bekennt, sich für seinen Vater zuweilen geschämt zu haben. Und er fragt sich, ob es ihm bei seiner Spurensuche auch darum gehe, dem Vater „Anerkennung“ zu verschaffen – „auch vor mir selbst.“ Jahrelang habe er seinen Vater „versteckt, aus Angst vor dem, was andere über ihn (und mich?) denken“ könnten. Diese „Vaterscham“ verfolge ihn bis heute. Und wie offen sich der Autor mit ihr auseinandersetzt, ist eindrucksvoll.

Die Lesung im Kölner Literaturhaus ist Erinnerungsarbeit

Schäfer bringt das Verhalten des Vaters mit „den Schrecken des 20. Jahrhunderts“ in Verbindung – mit Bombenalarm und Existenzverlust. Auch erzählt er von „der Gewalt und der Unbarmherzigkeit“ der Großeltern. Sie haben ihren Robert verstoßen, „weil er meine Mutter, eine Ausländerin, trotz der elterlichen Drohung geheiratet hat“. Der Erzähler prüft Reisetagebücher, Fotoalben – all das, was „als Quelle und Material bei der Verwandlung eines realen Menschen in eine Buchfigur dienen könnte“. Manchmal scheint es so zu sein, als käme er dem „Vaterrätsel“ näher. Doch dann schlägt so eine frustrierende Erkenntnis dazwischen: „Ich weiß nichts von ihm, und das wird immer so bleiben.“

Am Ende hat die intensive Erinnerungsarbeit die Distanz zwischen Vater und Sohn womöglich noch vergrößert: Für den Sohn ist das schmerzhaft, aber für den Autor ertragreich – und für seine Leserschaft ebenso.

Andreas Schäfer: „Die Schuhe meines Vaters“, DuMont, 190 Seiten, 22 Euro; Lesung im Literaturhaus am 28. 11. um 19.30 Uhr