Der Schweizer Star-Architekt Peter Zumthor hat auch in Köln und der Region seine Spuren hinterlassen. Eine Würdigung zum 80. Geburtstag.
Architekt von KolumbaPeter Zumthor, ein Perfektionist, der selbst Hand anlegt
Das Eifelörtchen Wachendorf war im Jahr 2006 noch weit davon entfernt, ein Architektur-Hotspot von internationaler Ausstrahlung zu sein. So erregte es damals auch wenig Aufsehen, dass der Architekt einer kleinen Feldkapelle beim Bau mehrere Tage lang mit Hand anlegte. Peter Zumthor, schon damals einer der renommiertesten Architekten weltweit, brachte hoch oben auf dem Holzgerüst den traditionellen Stampfbeton mit ein und sorgte mit der Kelle für den Feinschliff. Bekannt wurde das ungewöhnliche Engagement des Schweizer Baumeisters wie das ganze Projekt in der Eifel erst durch einen Bericht in dieser Zeitung.
Heute ist die 2007 fertig gestellte und dem Schweizer Einsiedler Nikolaus von Flüe geweihte Kapelle ein Pilgerziel, zumeist aber ein weltliches. Die Kapelle begeistert und verzaubert nicht nur die unzähligen Architekturliebhaber, für die im Ort eigens Parkplätze angelegt werden mussten. Der von außen so abweisend wirkende Betonbau hat einen winzigen, atmosphärisch extrem dichten Innenraum, dessen Mystik sich aber bis heute kaum ein Besucher verschließen kann. Der Baumeister dieses Werks wird heute 80 Jahre als.
Peter Zumthor, als Sohn eines Schreinermeisters in Basel geboren, bereits 2009 ausgezeichnet mit dem renommierten Pritzker-Preis, gehört zwar zur kleinen Gilde der Architekten und Architektinnen mit Weltruf – doch die Attitüde des „Stararchitekten“ lag ihm stets fern. Wer aus dieser Riege hätte denn auf das Schreiben eines Landwirts aus der Eifel mit der Bitte, ihm eine Kapelle auf Privatgrund zu entwerfen, überhaupt reagiert?
Zumthor, der zu dieser Zeit im Auftrag des damaligen Kardinals Joachim Meisner mit dem Bau des erzbischöflichen Kunstmuseums Kolumba in Köln beschäftigt war, antwortete. Man lernte sich kennen, die Chemie stimmte. „Es war ein schöner Nachmittag bei Ihnen – und wir werden versuchen, Ihnen etwas Schönes zu bauen“, schrieb Zumthor anschließend in die Eifel.
Eine Annäherung, die typisch ist für den Schweizer, dem die Beziehung zum Bauherrn stets sehr wichtig war, genau wie die Beziehung zum Ort. Der als Perfektionist gilt mit Hang zur Sturheit, der das Tempo seiner Bauten selbst bestimmt, der sich bis ins kleinste Detail selbst kümmert. „Ich gebe die Häuser immer erst dann ab, wenn ich denke: Jetzt stimmt es. Und das produziert dann manchmal auch diese Langsamkeit“, sagte Zumthor 2006. „Wenn der Bauherr keine Geduld hat, dann kriegt er auch keine Qualität. Dann ist er bei mir am falschen Ort.“
Über Kolumba kam es zum Streit mit Gottfried Böhm
Mit dieser Haltung kam indes nicht jeder Bauherr zurecht. Das Land Berlin etwa warf Zumthor kurzerhand hinaus, weil man sich beim Bau des Dokumentationszentrums „Topographie des Terrors“ mit dem Architekten überworfen hatte, immense Kostensteigerungen lieferten damals den Trennungsgrund. Und auch in Köln lief bei weitem nicht alles glatt. Hier aber hatten der Kardinal als Bauherr und sein Architekt zueinander gefunden, zudem hatte die Kirche Zeit und Geld, um das ambitionierte Projekt über die Ziellinie zu bringen.
Auch ein Streit mit dem Kölner Architekten Gottfried Böhm über Zumthors Umgang mit der von ihm entworfenen Kapelle „Madonna in den Trümmern“ konnte den Bau nicht verhindern. Zum Glück, denn um wie viel ärmer wäre das gebaute Köln ohne dieses ebenfalls 2007 vollendete architektonische Juwel, das die hochkomplexe Situation über den Trümmern der im Krieg untergegangenen spätgotischen Stadtkirche St. Kolumba samt der Böhm’schen Kapelle brillant aufnimmt und mit dem Neubau vereint und veredelt.
Verglichen mit anderen Spitzenarchitekten ist die Liste von Zumthors Werken, entworfen zumeist in seinem Atelier im Dörfchen Haldenstein nahe Chur, sehr überschaubar. Neben den beiden Bauten im Rheinland zählt vor allem die Therme in Vals (1996) zum Hauptwerk, genau wie das Kunsthaus in Bregenz (1997) oder der Schweizer Pavillon auf der Expo 2000 in Hannover. Und wer einmal auf Zeit in einem Zumthor-Gebäude wohnen möchte, hat dazu seit einigen Jahren ebenfalls Gelegenheit: Hoch oben in Graubünden, im Weiler Leis bei Vals, hat Zumthor drei Ferienhäuser aus Holz gebaut, die vermietet werden – auch das ein Weg, um Zumthors Prinzip der „slow architecture“ zu verstehen.
Doch wie schafft es Zumthor, immer wieder jene unverwechselbare Atmosphäre zu erzeugen? „Das ist sicher das Schwierigste von allem. Das ist Können, das ist Eingebung, das ist auch Glück“, sagt Peter Zumthor. Vor allem aber: „Man muss die Menschen, für die das gemacht wird, ernst nehmen.“