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AuszeichnungSevgi Demirkaya ist Kölner Kulturmanagerin des Jahres

Lesezeit 6 Minuten
Sevgi Demirkaya

Sevgi Demirkaya

Die Jury des Kölner Kulturrats hat Sevgi Demirkaya, Programmleiterin des Kulturbunker Köln-Mühlheim, zur „Kulturmanagerin des Jahres 2023" gewählt.

„Eigentlich wollte Sevgi Demirkaya nur auf eine Demo gehen: Sie hatte gehört, dass der Kulturbunker in Mülheim geschlossen werden sollte, weil die Stadt das Geld kürzen wollte. Das war 2013 und obwohl sie direkt um die Ecke wohnte (und immer noch wohnt), wusste sie damals nicht viel über den Kulturbunker. Aber dass da ein Kulturort wegen Subventionskürzungen gefährdet war, sagt sie - „das war symptomatisch“.

Denn leider beträfen Kürzungen immer zuerst Kunst und Kultur: „Das kann man im Bildungssystem beobachten, wenn bei Lehrkräftemangel zuerst die musischen Fächer nicht mehr unterrichtet werden“. Und auch in der Pandemiezeit seien die Kultureinrichtungen und –initiativen vernachlässigt worden.

Bei der Demonstration lernte sie dann Leute vom Vorstand des Vereins kennen, der sich für den Kulturbunker engagierte – und heute leitet sie das Programm. Doch was in den Jahren dazwischen passierte, ist nicht so einfach, wie es klingt. Denn abgesehen davon, dass immer Geld fehlte, war der Kulturbunker vor mehr als zehn Jahren etwas ganz anderes als heute. „Es gab regelmäßig Karnevalspartys“, erinnert sich Sevgi Demirkaya. „Der Kulturbunker wurde in erster Linie vermietet. Auch im Verein wurde viel diskutiert, wie es weitergehen soll. Zwischendurch gab es zwar auch immer mal Leute, die versucht haben, interessante Formate einzubringen. Doch ohne Erfolg.“

Ich habe trotz der anfänglichen Widerstände gespürt, dass es eine gute Zeit für Veränderung war
Sevgi Demirkaya

Ohne ihre große Überzeugungskraft und einen starken Durchsetzungswillen wäre der Kulturbunker, wie wir ihn heute kennen, nicht möglich gewesen. Denn Sevgi Demirkaya war sich immer sicher: „Mülheim ist divers, und wir müssen das Beste daraus machen und das auch in unserem Programm abbilden.“ Das haben aber nicht alle in dem Verein so gesehen – und es gab Stress. Worauf sie stolz ist? Sie überlegt und sagt dann: „Ich habe trotz der anfänglichen Widerstände gespürt, dass es eine gute Zeit für Veränderung war und daran geglaubt.“

Deswegen freut sie sich jetzt ganz besonders über die Auszeichnung als „Kulturmanagerin des Jahres“. Denn das bedeutet für sie „die Sichtbarkeit und die Wertschätzung der Arbeit, die wir leisten. Das ist leider nicht selbstverständlich.“ Lange arbeitete sie ehrenamtlich in dem Verein. Und auch als sie dann irgendwann in die hauptamtliche Arbeit einstieg, war der Verdienst prekär.

Sevgi Demirkaya hatte in ihrer Heimatstadt Wuppertal Wirtschaftswissenschaften studiert und anschließend freiberuflich Presse- und Öffentlichkeitsarbeit für interkulturelle Projekte gemacht - was weitaus lukrativer war. „Natürlich kann man in der freien Wirtschaft mit dem Aufwand, den wir leisten, wesentlich mehr verdienen. Allein die Arbeit auch an Wochenenden bei Veranstaltungen des Kulturbunkers bis tief in die Nacht ist auf Dauer sehr belastend.“

Anders als mit großer Leidenschaft ist so etwas nicht zu erklären: „Unsere Arbeit ist sinnvoll und für den Zusammenhalt in der Gesellschaft wichtig. Und sie hat mir auch einfach sehr viel Spaß gemacht.“

Kulturbunker Mülheim

Kulturbunker Mülheim

2016, nachdem Sevgi Demirkaya zwei Jahre ehrenamtlich im Vorstand gearbeitet hatte, ging eine Mitarbeiterin in Elternzeit und sie übernahm die Vertretung. Als sie ohne jede Einarbeitung mitten im Sommerloch stand, erwies es sich ihr ihre Ausbildung und Berufserfahrung als nützlich. Denn sie wusste: „Ohne Geld kein Kulturprogramm.“ Also versuchte sie, Fördergelder für den Kulturbunker einzuwerben. Zuerst stieß sie auf eine Ausschreibung des Bundes für Jugendprojekte. Und sie beschloss, ein Tanzprojekt zu entwickeln – obwohl sie vorher mit der Tanzszene wenig zu tun hatte: „Ich wusste, dass wir damit die jungen Menschen hier im Viertel gewinnen können.“

Heute kann Sevgi Demirkaya darüber lachen, aber damals war sie ziemlich überfordert, als tatsächlich eine Zusage kam: „Für die Umsetzung musste ich Tänzer finden und natürlich Jugendliche, die mitmachen wollten.“ Zum Glück hatte sie viele Kontakte aus ihrer freiberuflichen Arbeit und schnell war klar: Hier ist die richtige Frau am richtigen Ort. „Das war so ein schönes Projekt. Da sind viele Jugendliche aus dem Viertel gekommen, die den Kulturbunker überhaupt nicht kannten. Und alle waren total glücklich. Das hat mich so berührt und motiviert, dass man so viel bewirken kann.“

Auf allen Ebenen vielfältig

Wenn man das Programm des Kulturbunkers auf einen Begriff bringen müsste, wäre das: divers. „Inzwischen behauptet ja jeder Konzern von sich, divers zu sein. Aber wir leben das wirklich. Unser Programm und Team bilden die Gesellschaft ab. Wir sind auf allen Ebenen vielfältig.“

Und so bucht sie für den Kulturbunker auch Künstler und Künstlerinnen, die andere nicht im Blick haben: „Es gibt zum Beispiel so viele Künstler*innen und Musiker*innen, die aus der Türkei nach Europa ausgewandert sind - auch in den letzten zehn Jahren unter Erdogan. Und auch die wissen inzwischen, dass es in Köln einen Ort gibt, an dem es Formate, die auch ihnen Gelegenheiten bieten.“

Das hat mich so berührt und motiviert, dass man so viel bewirken kann
Sevgi Demirkaya

Dabei ist Sevgi Demirkan wichtig, dass zum Beispiel ein Konzert mit türkischer Musik nicht nur Menschen anspricht, die eine Einwanderungsgeschichte aus der Türkei haben: „Wir möchten, Veranstaltungen für alle machen – und deswegen sind sie auch barrierefrei, im wahrsten Sinne des Wortes!“ Sie mag es, ganz verschiedene Menschen zusammen zu bringen - weil sie findet, dass Kultur den Zusammenhalt fördert.

Deswegen versteht sie auch nicht, dass die Stadt Köln die soziokulturellen Zentren finanziell nicht ähnlich gut ausstattet wie etwa die Oper oder das Schauspiel. Denn gerade die, sagt sie, sorgten für Identifikation mit Veedel und Stadt. Und rechnet vor, dass alle soziokulturellen Zentren in Köln zusammen genauso viel Publikum anziehen wie die städtischen Kulturinstitutionen. Und mit dem Geld, das sie von der Stadt Köln bekommen, könnten sie die Potenziale im Stadtteil nicht wirklich ausschöpfen, sagt sie. Mal ganz davon abgesehen, dass das Haus „sehr, sehr sanierungsbedürftig“ sei.

Ausstellungen, Lesungen, Konzerte, Comedy – das Programm des Kulturbunkers ist heute ebenso ambitioniert und vielfältig. Etwa 350 Veranstaltungen stellt Sevgi Demirkaya mit ihren beiden Kolleginnen im Jahr auf die Beine, etwa 35 000 Leute kommen dafür in den Kulturbunker. Und manche Bands oder Autoren kommen hierhin, obwohl sie locker viel größere Säle füllen könnten - einfach aus Verbundenheit.

„Wir haben mit der Zeit immer mehr Menschen erreicht. Und so haben dann auch die Vereinsmitglieder gesehen: Ja, wir können hier wirklich etwas bewegen!“


Kölner Kulturpreis Die Jury des Kölner Kulturrats hat Sevgi Demirkaya, Programmleiterin des Kulturbunker Köln-Mühlheim, zur „Kulturmanagerin des Jahres 2023" gewählt. Der Preis wird am 14. Mai im Comedia Theater verliehen. Der Kölner Kulturpreis wird seit 2010 vom Kölner Kulturrat verliehen. Der Jury unter dem Vorsitz der Literaturmoderatorin Angela Spizig gehörte auch die Leiterin der Kultur- und Medienredaktion des Kölner Stadt Anzeigers, Anne Burgmer, an.