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Bastian Pastewka im InterviewEin Mann in der Midlife-Krise

Lesezeit 5 Minuten
Pastewka in Pastewka

Lief schon mal besser: Pastewka steckt in der achten Staffel der Sitcom in einer ausgewachsenen Midlife-Krise.

Köln – Bastian Pastewka (45) wurde in Bochum geboren. Er arbeitet als Schauspieler, Komiker, Synchronsprecher und Hörbuchinterpret. Bekannt wurde er Ende der 1990er Jahre durch die Sketchsendung „Die Wochenshow“ bekannt. Seine Sitcom „Pastewka“ startete 2005 bei Sat.1.

Amazon Prime Video stellt alle Folgen der achten Staffel der Sitcom am Freitag online. Pastewka befindet sich darin vier Jahre nach der letzten Staffel in einer Lebenskrise. Durch ein Missverständnis kommt es zur Trennung von seiner Freundin Anne (Sonsee Neu). Sein Bruder Hagen (Matthias Matschke) führt mit der verhassten Nachbarin Svenja Bruck (Bettina Lamprecht) einen erfolgreichen Food-Truck mit veganen Burgern. Alle um Bastian herum haben sich weiterentwickelt, nur er selbst spielt immer noch die gleiche ungeliebte Rolle in Annette Friers Sitcom. Bastian will sein Leben ändern – und schlittert in die Midlife-Crisis.

Wir haben mit Bastian Pastewka gesprochen.

Herr Pastewka, die Pilotfolge der achten Staffel Ihrer Serie „Pastewka“ wirkt trotz aller Komik etwas ernsthafter als frühere Folgen. Täuscht der Eindruck? Wie würden Sie die neue Staffel im Vergleich zu den anderen einordnen?

Der Serien-Bastian schliddert in eine Midlife-Krise – und das ist ja für viele Männer meines Alters eine ernste Sache. Aber natürlich birgt eine Midlife-Krise immer auch komisches Potenzial.

Wie viel Tragik braucht die Komik?

Das Komische entspringt meiner Ansicht nach aus dem Ernsthaften – und ich glaube, das haben wir auch in unseren früheren Folgen immer beherzigt; etwa wenn Bastian seiner Freundin Anne zuliebe einen Pärchen-Kochkurs macht oder versehentlich den Kanarienvogel seiner Schwiegereltern tötet.

Was macht diesen Pastewka auch nach so vielen Staffeln noch interessant für den Zuschauer?

Ich hoffe, dass sich unsere Zuschauer wieder auf den Mix aus Situationskomik und überraschenden Albernheiten einstellen. Aber auch Neueinsteiger sind uns herzlich Willkommen. Man kann „Pastewka“ jederzeit und ohne Vorkenntnisse ansehen. Und nur weil Bastian in den neuen Episoden seine Freundin verlässt und nach einem Hangover neben seiner Agentin Regine in einem Hotelbett aufwacht, werden wir sicher nicht mit „Homeland“ verwechselt.

Viele Serienfans schauen auch englische und amerikanische Sitcoms und Comedy-Serien? Verändert das den Humor? Kann man heute andere Komik in Deutschland machen als noch vor zehn Jahren?

Der Tradition der amerikanischen und englischen Sitcoms hat Deutschland – schon rein mengenmäßig – nichts entgegenzusetzen. Klassiker wie „Dittsche“ und der „Tatortreiniger“, oder auch so feine Sitcom-Neuheiten wie „Jerks“, „Jennifer“ oder „Die Mockridges“ waren, genau wie „Pastewka“, immer eher Programme für fröhliche Freaks; nicht für die große Menge der Zuschauer.

Welche Konsequenzen haben Sie aus dieser Erkenntnis gezogen?

Wir haben in unserer Sitcom aus dieser vermeintlichen Not immer eine Tugend gemacht und mit vielen Insider-Gags und Fernseh-Bezügen gespielt, um uns von gefälligen Schmunzel-Serien abzusetzen und unser treues Stammpublikum auf diese Weise immer herzlich zu grüßen. Man hat uns mal als intelligente Serie bezeichnet, so weit würde ich beim besten Willen nicht gehen; und Comedy muss auch nicht zwangsläufig intelligent sein, um komisch zu sein. Aber zu allen Zeiten galt: Humor darf alles, solange er humorig ist.

Die früheren Staffeln liefen bei Sat. 1. Nun ist Ihre Serie bei Prime Video zu sehen. Wie hat das die Serie verändert?

„Pastewka“ ist sich treu geblieben; und doch haben wir ein wenig Glanz in die alte Hütte gebracht: unsere Erkennungs-Musik klingt frischer, wir senden kristallklar in UHD und haben zum ersten Mal nach 73 Folgen einen Abspann! Das gab es noch nie! Am Ende werden alle Teammitglieder aufgelistet, wie bei einem Kinofilm.

Und war die Arbeit eine andere?

Die Arbeit an sich ging leicht von der Hand, da unsere Freunde von Prime uns sehr ermutigt haben und die bereits existierenden Folgen erstaunlicherweise besser kennen als ich. Die Schauspiel-Kollegen und -Kolleginnen und ich waren schon am ersten Drehtag so albern wie eh und je; wir hatten das Gefühl, als wäre die Band wieder zusammengekommen. Und das ist das Geheimnis von „Pastewka“: das Ensemble!

Braucht es eine andere Art zu erzählen für den neuen Verbreitungsweg und eine damit verbundene andere Zielgruppe?

Ich glaube, selbst wenn wir uns wie das unerreichte US-Vorbild „Seinfeld“ erlauben würden, mal die Ereignisse einer Folge rückwärts zu erzählen, wäre unser Stamm-Publikum nur kurz überrascht. Wir sind und waren immer auch eine bunte Wundertüte; und tatsächlich ist das Genre Sitcom sehr begrenzt: wir haben pro Folge angenehm kurze 25 Minuten, da können wir nur straff erzählen, bevor der sprichwörtliche Vorhang fällt. In der neuen Staffel sind die Ereignisse auch mal folgenübergreifend, um die Binge-Watcher zu erfreuen; schließlich stehen wir ja jetzt auf ewig bei Amazon im Regal, wo die unersättlichen Serien-Kenner Zugriff auf uns haben.

Liegt die Zukunft der Serie also im Internet? Dort gibt es keine Primetime, keine klassischen Einschaltquoten, keine große Sender, die einem reinreden…

Ich glaube, das Internet ist bereits der entscheidende Faktor bei der Verbreitung von Filmen, Dokumentationen und Serien. Das interessierte junge Publikum denkt nicht mehr in Startzeiten und Werbeunterbrechungen. Aber natürlich ist auch bei Streaming-Diensten schon mal eine Serie unerwartet abgesetzt worden. Das muss aber nicht immer mit einem Misserfolg gleichgesetzt werden; wie es uns die unsäglichen Quotenzähler über Jahrzehnte immer eingeimpft haben. Für mich war es natürlich dennoch eine persönliche Schmach, dass ausgerechnet die „Pastewka“-Folgen, in denen Michael Kessler zu Gast war, Jahr für Jahr die höchsten Einschaltquoten einfuhren. Unglaublich! Doch jetzt, wo wir bei Prime Video sind und es keine Quoten mehr gibt, ist Kessler natürlich raus. Mehr konnte ich wirklich nicht für ihn tun.