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Benefizkonzert für „wir helfen“Starbariton Thomas Hampson begeistert

Lesezeit 4 Minuten
Thomas Hampson beim "wir helfen"-Benefizkonzert

Starbariton Thomas Hampson beim „wir helfen“-Benefizkonzert

Gelungenes Benefizkonzert für „wir helfen“ mit dem Gürzenich -Orchester und dem amerikanischen Starbariton Thomas Hampson in der Philharmonie.

Losgegangen war es noch mit dem Frohsinn eines typischen Neujahrskonzerts: Das Gürzenich-Orchester unter dem Geiger-Dirigenten Emmanuel Tjeknavorian spielte im gut besuchten Benefizkonzert für die „Kölner Stadt-Anzeiger“-Aktion „wir helfen“ den Donauwalzer von Johann Strauß. Bei näherem Hinhören ist der aber gar nicht mal so heiter, und das Orchester stellte dies aller Verve und rhythmischem Drive zum Trotz gebührend heraus. Da gibt es viele Verschattungen, viel Melancholie in den Hörnern, und die Einleitung muss erst einmal aus ihrer Traurigkeit befreit werden.

Definitiv Schluss mit lustig war dann im zweiten Programmteil, für den man den US-amerikanischen, in New York und Wien beheimateten Starbariton Thomas Hampson hatte gewinnen können. Kurt Weills vier zwischen 1942 und 1947 entstandene Orchesterlieder nach Gedichten von Walt Whitman sind Werke eines den Nazis mit knapper Not Entronnenen, der in den USA Zuflucht gefunden hatte. Sicher: Im Unterschied zu anderen deutschen Emigranten fiel „Ueill“ (wie er Hampson zufolge fortan seinen Namen ausgesprochen wissen wollte) die Akkulturation in der neuen Heimat nicht schwer.

Die Lieder sind erfüllt von Krieg und Tod

Aber besagte Lieder sind verstörend erfüllt von Krieg und Tod – womit sie zweifellos auch besser zu den aktuellen Zeitläuften passen als der Donauwalzer. Da fühlt sich der Hörer auf Anhieb an Gustav Mahlers grausige Soldatenlieder erinnert, von denen sich der geistige Hintergrund der Weill-Gesänge indes unterscheidet.

Whitmans Krieg ist der amerikanische Bürgerkrieg, der immerhin mit einer zivilisatorischen Errungenschaft erster Güte endete: der Abschaffung der Sklaverei. Sie und die treibende Kraft dahinter – den Präsidenten Abraham Lincoln – wollten Whitman, der Barde der Demokratie, und Weill feiern. Klage und Anklage ist das eine.

Aber Weill bringt auch immer wieder einen Hymnenton, vor allem aber jenen schlendernden Broadway-Sound ein, der von Gershwin herzukommen scheint. So wird die stiladäquate, die Gegensätze schlüssig integrierende Darstellung dieser Lieder für den Solisten eine schwer künstlerische Herausforderung – jenseits der permanent gestellten Aufgabe, über ein groß besetztes Orchester hinüber zu singen.


15 000 Euro hat das Benefizkonzert zugunsten der „Stadt-Anzeiger“-Aktion „wir helfen“ erbracht. Jeder Cent davon werde, versicherte Hedwig Neven DuMont, die Vorstandsvorsitzende des Trägervereins, in einer kurzen Ansprache zu Beginn des zweiten Konzertteils, dort ankommen, wo er benötigt wird: bei Unterstützungsprojekten für benachteiligte Kölner Kinder. „Immer mehr Kindern in unserer Gesellschaft geht es miserabel“, führte sie aus: „Sie bekommen zu Hause nicht einmal etwas zu essen.“ „wir helfen“ unterstütze zum Beispiel Grundschulen dabei, Essen für die Benachteiligten bereitzustellen.


Hampson, der nach eigenem Bekunden diese Stücke innigst liebt, bewältigt sie mit imposanter, aber auch sympathisch bescheidener Grandezza (über die er dank seiner fabelhaften virilen Erscheinung ohnehin verfügt). Immer wieder erfordert die Musik eine starke szenische Präsenz, der Sänger wird zum Akteur auf einer imaginären Bühne. In der knackigen Durchformulierung des stets gut hörbaren englischen Textes macht Hampson das großartig, aber er besitzt eben auch eine tadellose Spannung für die große lyrische Phrase.

Ein Nachlassen der im engeren Sinn sängerischen Qualität – Hampson ist immerhin 67 – ist gleichfalls nicht zu vermelden. Sein wohllautender Bariton verfügt nach wie vor über eine satte, füllige Tiefe und Mitte, von der aus er zu einer scheinbar mühelos platzierten leichten Höhe ansetzen kann. Als Dank für den enthusiastischen Beifall sang er noch einmal das zweite Weill-Lied: „O Captain! My Captain!“

Dvorák kam Ende des 19. Jahrhunderts nicht als Flüchtling, sondern als begehrter Star in die USA. Indes sah auch er sich dem Problem gegenüber, sein böhmisches Erbe mit der Musik seines Gastlandes irgendwie zusammenzubringen. Zeugnis dieses Bemühens ist zumal die – mit dem berühmtesten Englischhorn-Solo der Musikgeschichte ausgestattete – neunte Sinfonie, der zum Abschluss des Konzerts eine prägnante, nachdrückliche, farben- und kontrastreiche Interpretation zuteil wurde.

Tjeknavorian ließ mit hochenergetischem Dirigat den leicht sentimentalen Stimmungszauber genauso lebendig werden wie das Spiel der Themen, deren Kombination und Schichtung im letzten Satz mit bemerkenswerter Deutlichkeit gelang.