Kommentar zur Berlinale 2022Mit Liebe gegen Corona – fällt der Filmkunst nichts ein?
Köln – In diesem Februar, so liest sich Carlo Chatrians jüngster Blogeintrag, beginnt die erste Corona-Berlinale. „Viele der Filme“, schreibt der Berlinale-Leiter, „die in diesem Jahr eingereicht wurden, sind während der Pandemie entstanden und zeigen dies auch direkt.“ Indem sie von Isolation, Einsamkeit und Sehnsucht handeln etwa. Oder weil sie sich auf das Notwendigste, wenige Figuren und Schauplätze beschränken. Das alles traf zwar teilweise schon auf die „virtuelle“, übers Internet versendete Berlinale des letzten Jahres zu. Aber 2021 gab es eben auch noch Filme, die vor der weltweiten Corona-Pandemie begonnen wurden und auf Halde lagen.
Die Berlinale gehörte 2021 zu den Pandemiegewinnern
In gewisser Hinsicht gehörte die Berlinale sogar zu den Krisengewinnern, weil einige Wettbewerbsfilme in anderen Zeiten wohl in Venedig oder Cannes gelaufen wären. Und den Goldenen Bären gewann mit Radu Judes „Bad Luck Banging or Looney Porn“ ein Film, der uns Corona-Stress und Corona-Wahnsinn deutlich spüren ließ – auch wenn es in ihm vor allem darum ging, dass man sich als Lehrerin im heutigen Rumänien etwas mit Amateurpornos dazu verdienen muss, um finanziell über die Runden zu kommen.
In diesem Jahr sticht zunächst das abermalige Fehlen großer Hollywoodfilme im Berlinale-Wettbewerb heraus - mit „Call Jane“ von Phyllis Nagy ist lediglich eine einzige US-Produktion vertreten. Ansonsten dominieren offenbar Filme das Festival, die, so Chatrian, „die Geschehnisse im vergangenen Jahr auf eine Weise zeigen, als sei keine andere Entwicklung möglich gewesen“. Das habe man wahrgenommen und in der Auswahl berücksichtigt. Aber Kino müsse mehr sein als ein Spiegel der Gegenwart, schreibt Chatrian, nämlich zugleich ein Fenster in andere Welten und andere Wirklichkeiten.
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Das klingt nun wieder so, als sei in der Filmkunst alles wie immer, nur mit deutlich geringerem Produktionsaufwand. Und wovon wird weltweit erzählt? „Wir haben in diesem Jahr mehr Liebesgeschichten gesehen – und mit Freude gesehen – als je zuvor.“
Mit Liebe gegen den Hass, die Unsicherheit und die Einsamkeit – wer hätte das gedacht? Viel Neues ist den Filmemachern in der Corona-Pandemie offenbar nicht eingefallen. Andererseits ist die Liebe ewig jung und genau das, was einem an Hoffnung bleibt, wenn man sich von Tod und Leid umfangen fühlt. Jetzt muss der Berlinale-Wettbewerb nur noch halten, was der Festivaldirektor verspricht. Aber das tut er eigentlich nie – wie das Leben auch.