Bei „hart aber fair“ wird über die Abhöraffäre bei der Luftwaffe diskutiert. Ein Teilnehmer bringt einen Vergleich zur Kölner Feuerwehr.
„Hart aber fair“ zur AbhöraffäreBundeswehr-Oberst „fassungslos“ – Vergleich zwischen Nato und Kölner Feuerwehr
Russische Spione können sich einfach in eine Videokonferenz der Luftwaffe einwählen, in der noch dazu Details zu möglichen Taurus-Lieferungen an die Ukraine besprochen werden. Bundeswehr-Oberst André Wüstner war „fassunglos“. Er gibt am Montagabend (4. März) bei der WDR-Talkshow „hart aber fair“ Einblicke in die Abhöraffäre, die der deutschen Bundeswehr erneut schweren Schaden zufügen könnte.
„Das, was dort erörtert wurde, gehört zum Handwerkszeugs von Offizieren. Optionen der Politik zu durchdenken gehört dazu“, erklärte Wüstner, gleichzeitig Vorsitzender des Deutschen Bundeswehr-Verbands, gegenüber Moderator Louis Klamroth. Der Vorgang habe in der Bundeswehr nochmal „alle geweckt“, sagte Wüstner weiter.
„Hart aber fair“: Die Teilnehmer der WDR-Sendung am Montag, 4. März
- André Wüstner, Oberst und Bundesvorsitzender des Deutschen BundeswehrVerbandes e.V
- Jessica Rosenthal (SPD), Bundestagsabgeordnete und Ex-Vorsitzende der JuSos
- Serap Güler (CDU), Mitglied im CDU Bundesvorstand und im Verteidigungsausschuss; Kölner Bundestagsabgeordnete
- Jan van Aken (Die Linke), arbeitet bei der Rosa-Luxemburg-Stiftung zu internationalen Krisen- und Konfliktgebieten
- Anton Hofreiter (Grüne), Vorsitzender Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union
- Ottogerd Karasch, ehemaliger Berufssoldat, Survival-Profi und Youtuber „Otto Bulletproof“
- Daniel Untch, Referent für Friedensbildung beim Zentrum Oekumene der Landeskirche Hessen & Nassau und der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck
Unter dem Titel „Aufrüsten statt Abrüsten: Muss Deutschland wirklich kriegstüchtig werden?“ diskutiert Klamroth am Montagabend mit seinen Gästen, die ihre Sendezeit erwartungsgemäß für ihre politischen Positionen nutzen. Die Kölner Bundestagsabgeordnete Serap Güler (CDU) schlägt direkt zu Beginn einen scharfen Ton an, fordert „personelle Konsequenzen“ nach der Abhöraffäre.
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„Das hat der Bundeskanzler zu verantworten. [...] Die personelle Konsequenz, die man jetzt ziehen sollte, liegt in der Person des Bundeskanzlers“, fordert Güler indirekt den Rücktritt von Olaf Scholz (SPD). Scholz habe mit seinen Äußerungen den Verbündeten Frankreich und Großbritannien „vor das Schienbein gestoßen“.
„Hart aber fair“: Kölner CDU-Politikerin Serap Güler fordert Rücktritt von Olaf Scholz
Grünen-Politiker Anton Hofreiter geht nicht auf die Rücktrittsforderungen ein, ist aber enttäuscht von Scholz’ Argumentation. „Taurus-Marschflugkörper lassen sich im Quellcode so programmieren, dass sie nicht nach Russland fliegen können. Das sind belastbare Daten. Da erwarte ich schon vom Bundeskanzler, dass er mal beim Hersteller nachfragt“, erklärte Hofreiter weiter.
Auch Bundeswehr-Oberst Wüstner spürte „Irritationen in Großbritannien und Frankreich“. Einzig SPD-Politikerin Jessica Rosenthal springt Scholz zur Seite, hat allerdings keine starken Gegenargumente. Die ehemalige Vorsitzende der Jusos bemängelte das „permanente Misstrauen“ seitens der Opposition.
„Hart aber fair“: Anton Hofreiter attackiert Linken-Politiker nach „bizarren“ Aussagen zu Russland
Linken-Politiker Jan van Aken verblüfft die Anwesenden damit, dass er Scholz beim Nein zu den Taurus-Lieferungen zur Seite springt. Ansonsten mache der Kanzler aber „alles falsch“. Der ehemalige Bundestagsabgeordnete forderte Verhandlungen mit Wladimir Putin, bekommt dafür fast schon mitleidige Blicke von Wüstner und Hofreiter ab.
Als van Aken über Willy Brandt und seine Entspannungspolitik als Vorbild für ein mögliches Umgehen mit Putins Russland referiert, platzt Hofreiter fast der Kragen: „Die Sowjetunion [...] mit dem imperialistischen Putin zu vergleichen ist fast bizarr falsch. [...] Das ist dermaßen fachlich falsch, dass man eigentlich schreiend davonlaufen will.“
Außer van Aken sind sich alle einig, dass eine Wehrhaftigkeit innerhalb der Nato notwendig ist und bei der Bundeswehr aufgerüstet werden muss: „Die europäischen Nato-Staaten geben mehr als doppelt so viel für das Militär aus als Russland. Wenn hier nochmal jemand sagt, wir sind sicher, dann frage ich mich warum?“
„Hart aber fair“: Bundeswehr-Oberst André Wüstner zieht Vergleich zwischen Nato und Kölner Feuerwehr
Bundeswehr-Oberst Wüstner schüttelt nur den Kopf, die Erhöhung des Bundeswehr-Etats habe nicht automatisch etwas mit der Wehrhaftigkeit zu tun. Die Aufgaben der Nato und der Bundeswehr hätten sich seit 1990 verändert. „Das ist so, wenn ich der Kölner Feuerwehr sage, sie seien nur noch für den Katastrophenschutz zuständig. [...] Und jetzt kommt von heute auf morgen ein Brandstifter in Köln und wir würden sagen: ‚Wie kann das denn sein? Wir haben doch in Pumpenanlagen investiert‘ [...].“
Es gebe jetzt eine komplett andere Auftragslage als in den vergangenen Jahren. „Und das auch, weil die Politik das so vorgegeben hat.“ Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius müsse nun diese Politik des Sparens und des falschen Priorisierens aufarbeiten, erklärte der Bundeswehr-Oberst abschließend. (shh)