Im Kölner Stadtgarten spielen Anja Lechner und François Couturier am Freitag, 14. April, ein Duo-Konzert: Ein Porträt.
Zwischen WeltenCellistin Anja Lechner kommt mit Pianist François Couturier nach Köln
Endlich kann man Anja Lechner in Köln erleben! Das weit gefächerte Repertoire der virtuosen Cellistin atmet den Geist klassischer wie auch zeitgenössisch moderner Kammermusik, nicht weniger begeistert sie im Quartett mit Nils Petter Molvaer, Jakob Bro und Marilyn Mazur, mit feinsinnigen Aufnahmen von Schuberts „Die Nacht“ (mit Gitarrist Pablo Márquez) sowie der Leidenschaft, mit der sie Kompositionen von Georges Gurdjieff, Tonu Korvits oder Tigran Mansurian erstrahlen lässt – seelenvoll, empathisch, tiefgründig, mitunter wehmütig, immer betörend schön.
Mit Maria Farantouri und Cihan Türkoğlu taucht sie in folkloristische Klangwelten, mit dem argentinischen Bandoneon-Spieler Dino Saluzzi begegnet sie dem ursprünglichen Tango, und mit dem Tarkovsky Quartet des französischen Pianisten François Couturier lotet sie subtil die Gedankenwelt von Andrej Tarkowski aus. Mit Couturier verbindet sie eine lange, vertrauensvolle Zusammenarbeit.
Vom Jazz kommender Pianist trifft klassisch ausgebildete Cellistin
Der vom Jazz kommende Pianist und die klassisch ausgebildete Cellistin improvisieren auf der Grundlage kompositorisch einfühlsamer, gleichwohl strenger Formen und haben dabei ihre eigene Klangsprache gefunden. Auf der schmalen Trennlinie zwischen komponiert und improvisiert erschaffen sie klangliche Kunstwerke, mal kraftvoll und wuchtig, mal so fragil, dass ihre Musik wie vergängliche Erinnerungen anmutet – „Memory of a Melody“, wie ein Stück auf ihrem Album „Lontano“ heißt.
Auch bei ihrem Duo-Konzert in Köln wollen sich Anja Lechner und François Couturier auf ihre offenen Ohren und ihre Intuition verlassen. „Auch in der Improvisation“, so Lechner, „gibt es die Gefahr, sich zu wiederholen. Es geht also darum, die Musik immer im Moment entstehen zu lassen. Wir lassen die Grenzen zwischen fest notierten Passagen und Improvisation zerfließen und freuen uns, wenn auch das Publikum nicht mehr sagen kann, wann wir frei und wann nicht spielen.“
Um ihre Musik zu beschreiben, greift sie auf den ukrainischen Komponisten Valentin Silvestrov zurück, der ihr schon Stücke gewidmet hat: „Für Silvestrov gibt es keine Neue Musik, sie schwebt im Universum und kann vom Komponisten oder vom Improvisierenden eingefangen und in eine eigene Form gebracht werden.“ Mit Jazz, fügt sie hinzu, habe ihre Musik nur in dem Sinne zu tun, „dass ich gerne frei spiele und auf die Linien oder Melodien meines Gegenübers reagiere. Ein Publikum mit offenem Geist und Ohren ist mir das liebste“.
Anja Lechner kombiniert eigene Kompositionen mit Cello-Suiten von Bach
Nach Köln kommt sie im Anschluss an ein Solokonzert und eine Master Class in Istanbul. Den Veranstalter kennt sie bereits seit langem, und zwar aus Teheran, wo sie regelmäßig aufgetreten ist und stets vom offenen, begeisterungsfähigen Publikum beeindruckt war. Lechner: „Zurzeit finden im Iran aus bekanntem Anlass keine Festivals für Improvisation oder freiere Musik statt, deshalb wurde das Festival ‚Show of Hands‘ nach Istanbul verlagert. Ich habe mich sehr gefreut, dort viele bekannte Gesichter wieder zu sehen.“
Für das Konzert hat sie eigene Kompositionen und Improvisationen mit Teilen aus den Cello-Suiten von Johann Sebastian Bach kombiniert, am zweiten Tag des Festivals gab sie zu dem Thema einen Workshop für Cellisten. „Die Musik von Bach gehört zu unseren Wurzeln, er schuf mit die für mich wichtigste Musik fürs Cello. Und wenn man die Regeln gut kennt, gibt es auch bei Bach sehr viele Freiräume für den Interpreten.“
Anja Lechner erzählt auf dem Cello atemberaubende Geschichten und baut Brücken, über die sie in neue klangliche Gefilde und Musikkulturen aufbricht. Umso schmerzhafter stößt sie derzeit an Grenzen: „Reisen ist schwieriger geworden, auch anstrengender, weil man sich auf vieles nicht mehr verlassen kann. Man weiß ja, dass die Züge hierzulande nicht mehr so richtig gut funktionieren, auch werden inzwischen immer mehr Flüge abgesagt – wobei man sich ohnehin fragt, ob man überhaupt fliegen soll. Andererseits wollen wir uns bewegen und müssen uns, wenn wir Neues erleben wollen, von zu Hause entfernen.“
Auch die politische Weltlage setzt ihr Grenzen: „Es gibt einige Länder, über die im Moment viel diskutiert wird und in die man jetzt nicht reisen möchte. Damit kommt man als Musikerin in die Situation, politisch zu denken, obwohl die Musik ja frei sein sollte. Ebenso verzichtet man damit darauf, Menschen wieder zu sehen, die einem ans Herz gewachsen sind und die womöglich selbst unter der politischen Lage in ihrem Land leiden. Manchmal geht es aber halt nicht anders. Wichtig ist nur, dass man den Menschen und der Kultur gegenüber offenbleibt und die guten Erinnerungen in seinem Herzen bewahrt – bis sich die Zeiten wieder zum Besseren wenden werden.“
Die virtuose Cellistin Anja Lechner und der Pianist François Couturier kommen am Freitag, 14. April, um 20 Uhr in den Stadtgarten, Venloer Straße 40 in Köln.