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Der Anfang vom EndeARD-Doku über DDR-Konzert der Toten Hosen

Lesezeit 4 Minuten
Tote Hosen 1988

Die Toten Hosen 1988 beim Konzert in Ost-Berlin

Berlin – Kennen Sie die Toten Hosen? Blöde Frage. Aber haben Sie auch schon mal etwas von der Band Planlos gehört? Vermutlich nicht. Anfang der 1980er starteten die Musiker um Sänger Campino in Düsseldorf ihre Karriere, und zur selben Zeit entdeckte in Ost-Berlin eine Gruppe von Musikern um Michael „Pankow“ Boehlke und Schlagzeuger Bernd Michael Lade – der nach der Wiedervereinigung als „Tatort“-Kommissar Erfolg feiern sollte – ihre Liebe zum Punk.

Während die einen große Stars wurden, die in diesem Jahr mit einer Jubiläumstour ihre zahllosen Erfolge feiern werden, gerieten die anderen bald wieder in Vergessenheit. Warum es so kam, erzählt der SWR-Dokumentarfilm „Auswärtsspiel“, den die ARD eigentlich den Toten Hosen gewidmet hat, deren eigentliche Helden aber die Musiker der anderen Band sind.

Abenteuer in Ost-Berlin

„Auswärtsspiel“ begleitet die Toten Hosen nach Ost-Berlin und erinnert pünktlich zum 40-jährigen Bestehen der Band an ein geheimes Konzert, das sie Ostern 1982 in der DDR spielten. Ebenfalls auf der Bühne einer Kirche stand an diesem Abend Planlos. Für die jungen Männer waren Bands wie die Sex Pistols Idole, und Punk war ihre Möglichkeit, den Protest an der Enge und Konformität des DDR-Regimes auszudrücken.

Infos zum Film

Das Erste zeigt den 75-minütigen Dokumentarfilm am Mittwoch, 13. April, um 22.50 Uhr. Zudem steht er in der ARD-Mediathek zum Abruf bereit.

Mit der „Alles aus Liebe“-Tour feiern die Düsseldorfer in diesem Jahr ihr 40-jähriges Bestehen. Am 10. Juni treten sie im Rhein-Energie-Stadion in Köln auf. (ksta)

Punks waren auch die Toten Hosen damals noch und die Aussicht auf ein großes Abenteuer reizte sie. „Wir waren auf Krawall gebürstet“, berichtet Sänger Campino heute freimütig. Ein Geheimkonzert, getarnt als „kirchliche Veranstaltung mit musikalischer Untermalung“, war genau nach ihrem Geschmack. „Das war so ne Art Untergrundpfadfindertum, was ich mein Leben lang geil fand“, sagt der 59-Jährige.

Ihre abenteuerliche Einreise in die DDR zeichnet der Film von Martin Groß nach. „Eine Mischung aus Angst, Abenteuerlust und das Spüren einer revolutionären Kraft“ trieb sie an, wie sich Campino erinnert. Der gemeinsame Auftritt war für sie ein wichtiges Zeichen der Solidarität. „Das war alles schon Vormusik auf den Untergang der DDR“, sagt Bernd Michael Lade heute.

Der Anfang vom Ende

Für Planlos war das Zeichen der Rebellion aber der Anfang vom Ende. Denn die Stasi hatte die Band schon länger im Visier, und diese Brüskierung wollte das System nicht auf sich beruhen lassen. Wie perfide die Stasi gegen ein paar aufmüpfige Jugendliche vorging, die sich einfach nur abseits der Norm ausleben wollten, macht der Film durch Interviews mit einem früheren Stasi-Verantwortlichen deutlich.

Er sitze heute auf der Verliererseite der Systemauseinandersetzung, sagt der Mann, der sich der Vergangenheit in einem Gespräch mit Campino stellt. Er sei Teil des Unterdrückungsapparats gewesen. Ziel seien „Zersetzungsmaßnahmen“ gewesen. Und die führten dazu, dass die Band Planlos zerbrach.

Tote Hosen Doku

Die Toten Hosen in der Hoffnungskirche.

Während die Toten Hosen im Westen Karriere machten – und 1988 noch einmal in Ost-Berlin spielten – war für ihre Musikerkollegen im Osten alles schon wieder vorbei. Wie sehr sie diese Geschichte einer verpassten Chance auch heute noch berührt, wird deutlich, als die Toten Hosen bei einem Konzert in der Hoffnungskirche einen ihrer Songs covern. Da fließen dann auch Tränen.

Campino bewundert die Band

Gitarrist Breiti sagte bei der Premiere des Films: „Bei uns war klar: Wenn das Ganze auffliegt, dann landen wir für eine Nacht in einer Arrestzelle, und dann werden wir wieder rausgeschmissen. Aber für alle Leute im Osten hätte das ganz andere Konsequenzen gehabt.“

Es hatte Konsequenzen. Künstlerisch ausleben konnten die Musiker von Planlos sich nie, die Karriere endete, bevor sie begonnen hatte. Dass sie sich in der DDR nie haben korrumpieren lassen „beeindruckt mich nach wie vor“, sagt Tote-Hosen-Sänger Campino „Gegen euch sind wir wirklich nur ein Kindergeburtstag.“