Draußen und verbotenWie eine Kölner Initiative Raves aus der Illegalität holen will
- In Köln finden viele Raves im Freien und ohne Genehmigung, also illegal, statt. Ein Grund dafür sind unter anderem die hohen Auflagen der Stadt Köln zum Beispiel beim Thema Sicherheit, die die Veranstalter umgehen wollen.
- Einige Organisatoren illegaler Partys suchen aber den Weg heraus aus der Illegalität. Andere legale Veranstalter wie die Organisatoren des Klikklakklub-Festivals berichten von Problemen mit dem Ordnungsamt – offenbar verschärft sich der Ton.
- Ein runder Tisch soll jetzt Lösungen erarbeiten, mit denen alle Parteien einverstanden sind. Wie kann das funktionieren?
Köln – Köln als Musikstandort und Kulturwiege wiederbeleben, Open Air-Veranstaltungen aus der Illegalität holen, die Kölner Subkultur erhalten und fördern –zu diesen Themen konferierte der Arbeitskreis der Freien Szene am 26. August im Rathaus der Stadt.
Lisa Hanna Gerlach, parteiloses Mitglied des Rates der Stadt Köln sowie Bindeglied zwischen freier Szene und Stadt, berichtete, dass immer mehr kleine Clubs und Kulturveranstaltende im Verlauf der fortschreitenden Gentrifizierung ihre Räumlichkeiten verlieren. Gleichzeitig entwickle sich eine freie Szene, die in vielen Kollektiven meist ehrenamtlich und ohne Gewinnerzielungsabsicht Veranstaltungen organisiert (hier geht es zu einer Umfrage der Freien Szene bezüglich Open-Air-Veranstaltungen).
In anderen Städten läuft es besser
Da meist kein Raum zur Verfügung stehe, finden diese oft illegal im Freien statt, so Gerlach. Allein im Bereich der elektronischen Musik gibt es Schätzungen zufolge mehr als 1000 aktive Veranstaltende, wobei auch Genres wie Salsa, Tango, LindyHop oder kölsche Musik auf reges Interesse stoßen. Nun möchte die Initiative sich mit dem Stadtrat, was durch Gerlach bereits geschehen ist, und anderen Instanzen zusammensetzen und realisierbare Prozesse erarbeiten. Erste Treffen haben bereits stattgefunden und Lösungsansätze wurden gemeinsam formuliert. Aus Städten wie Leipzig, Freiburg, Berlin, Bremen und Halle sind bereits Modelle bekannt, die erfolgreich zur Problemlösung beigetragen haben und nun potenziell auch in Köln anwendbar sind. In Berlin wird zum Beispiel mit der IHK zusammengearbeitet, Freiburg hat eine niedrigschwellige Kulturförderung mit Online-Vergabeverfahren initiiert.
Das könnte Sie auch interessieren:
Den von der Stadt Köln benannten Problemen der Ruhestörung, Umweltverschmutzung, des nicht eingehaltenen Jugendschutzes und der Überbeanspruchung von Flächen möchte der Arbeitskreis mit formulierten Zielen und Lösungsvorschlägen gegenübertreten. Es soll zum einen gemeinsam an einer Schaffung und Lokalisierung von Freiflächen gearbeitet werden. Ein freiwilliger Kodex, der sogenannte „Veranstalterführerschein“, soll Vertrauen auf allen Seiten schaffen: Veranstaltende sollen, auch seitens der Stadt, zu Themen wie Nachhaltigkeit, Lärmschutz, oder Jugendschutz geschult werden und sich so dazu verpflichten, gewisse Voraussetzungen zu erfüllen. Kollektive betonen außerdem, dass sie auch jetzt schon großen Wert auf Abfallmanagement, geringe Umweltbeanspruchung und die Einhaltung von Zeiten legen, damit Anwohner keinen Grund zur Beschwerde haben und damit die Freiflächen im Idealfall sauberer hinterlassen werden als sie vorher waren. Daran möchte sich auch der bei der Konferenz anwesende gemeinnützige Verein „Zeltretter e.V.“ beteiligen, der sich seit einigen Monaten dem Aufräumen von Festival- oder Partylocations und der Reparatur sowie anschließenden Spende gesammelter Zelte an Obdachlose verschrieben hat.
Die Kölner Verwaltung ist noch misstrauisch
Leider reagiere die Stadt immer noch misstrauisch und ablehnend, sagt Lisa Hanna Gerlach. Insbesondere das für Veranstaltungen im Freien verantwortliche Grünflächenamt mauere seit Jahren, obwohl vermutlich einige Tausend Menschen in Köln sich für das Thema engagieren, so Gerlach weiter. Auch beim Ordnungsamt wollen Veranstaltende seit einigen Monaten gehäuft auf ein intolerantes Vorgehen stoßen, wo doch in der Vergangenheit meist professionell und wertschätzend miteinander umgegangen worden sei. Nun habe sich der Umgangston massiv verschärft: Christian Manuel Birke berichtete von Vertretern des Ordnungsamts, die am Nachmittag eine Benefiz-Veranstaltung des „Klikklakklub“ beendeten, obwohl diese mit über 1000 Personen angemeldet gewesen und ordnungsgemäß durchgeführt worden sei.
Durch einen von der Initiative ausgearbeiteten Antrag an den Kulturausschuss der Stadt Köln sollen nun gemeinsame Lösungen gefunden werden. Die Vertreter der freien Szene wünschen sich mehr gegenseitiges Verständnis und einen Abbau von Misstrauen, sodass in Zukunft ein besserer Austausch möglich sei. Es werden außerdem beschleunigte Antragsverfahren vorgeschlagen, die die Realisierung spontaner Veranstaltungen ermöglichen. Logistisch sei es aufgrund der Wetterabhängigkeit nämlich nicht umsetzbar, diese drei Wochen im Voraus anzumelden. Damit würde Veranstaltenden die Möglichkeit eröffnet, spontane Open Air-Partys bei der Stadt im Vorfeld anzukündigen und so aus der zu Illegalität holen.