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Drei Tanzmeisterwerke in DüsseldorfAls wäre man im Bauch einer Maschine

Lesezeit 3 Minuten
Ein Tänzer ist im Sprung, die Arme vor sich gekreuzt, ein Knie hoch erhoben. Er trägt schwarze Kleidung und hat schwarze Federn an der Hose.

Die Aufführung Drei Meister - Drei Werke zeigt Tänze von George Balanchine, Hans van Manen und William Forsythe

Die Deutsche Oper am Rhein in Düsseldorf zeigt in „Drei Meister - Drei Werke“ drei der bedeutendsten Tanzwerke des letzten Jahrhunderts.

Da konnte ja nicht viel schiefgehen: Ein gut trainiertes Ensemble und drei Stücke, die längst als Bestseller immer wieder von diversen Kompanien in ihr Repertoire aufgenommen werden. Das heißt aber auch: Ein Abend, der keine zeitgenössische Relevanz erzeugt, kein Risiko eingeht, und seine Besucher stattdessen ins Museum des Tanzes schickt: zu einigen der besten Meisterwerke des letzten Jahrhunderts.

Etwa den „Rubies“, den Rubinen von George Balanchine, mit deren glut-rotem Funkeln der Abend „Drei Meister - Drei Werke“ in der Düsseldorfer Oper beginnt und in dem die Spitzentänzerinnen tatsächlich schwere Glas-Schmucksteine auf den Tütüs tragen, die bei jeder Drehung unüberhörbar zu Strawinskys Musik klackern - ein gewollter Effekt von Balanchine, als wollte er spöttisch sagen: „Hier führt die Hautevolee ihre Klunker aus.“

„Drei Meister - Drei Werke“ in der Düsseldorfer Oper

So liegt eine hysterische Exaltiertheit in der Luft, wenn die Tänzerinnen und Tänzer die typisch Balanchineske Ballett-Broadway-Kombination präsentieren, die nur dann wirklich toll aussieht, wenn die Tänzerinnen und Tänzer die schwierige Technik lässig aus den Gelenken schlenkern. Das gelingt beim Ballett am Rhein nicht jedem, manche Tänzerinnen und Tänzer kämpfen noch. Andere dagegen brillieren, allen voran Orazio Di Bella, der nicht nur als ironischer Dandy Balanchines „Rubies“ aufpoliert, sondern auch später, im letzten Stück des Abends, mit einem überwältigenden Wuttanz den Spirit eines William Forsythe herbei-hext.

Aber dazwischen gab es ja noch einen Choreografen, der den Titel „Meister“ quasi abonniert hat, weil er nie etwas anderes als Meisterwerke kreiert hat: Hans van Manen. Seine „Visions Fugitives“ zur Komposition von Sergej Prokofjew sind flüchtige Begegnungen, in denen jeder Blick, jede Geste ein ganzes Beziehungs-Drama erzählt. Berührungen, bei denen die Hände wieder vom Körper wegzucken, als wäre der heiß wie eine Herdplatte. Paare, die sich wie Wettermännchen umkreisen und nie zueinander finden.

Tanzmeisterwerke von George Balanchine, Hans van Manen und William Forsythe

Aber selbst wenn am Ende ein Mord geschieht, verliert niemand hier seine delikate Noblesse. Wo van Manen ein Genie der Reduktion ist, ist William Forsythe eines der Verschwendung. Alles überfordert in seinem absolut grandiosen Stück „Enemy in the Figure“: Das Licht aus einem fahrbaren Scheinwerfer lässt den ganzen Raum schwanken, seine metallenen Wände scheinen zu ächzen dank der Komposition von Thom Willems.

Es ist, als wäre man im Bauch einer Maschine. Und die Tänzerinnen und Tänzer pumpen ihre Energie hinein mit schlingernden Körpern und dem dezentrierten, immer verblüffenden Forsythe-Vokabular. Den titelgebenden inneren Feind konnten noch nicht alle auf der Bühne aktivieren, die Lust am Biss, am Niederkämpfen der Dämonen. Kommt vielleicht noch. Denn bei drei Meistern in die Lehre zu gehen, drei Preziosen der Tanzgeschichte in einer Schau zu präsentieren - das ist vermutlich das Beste, was einer Kompanie passieren kann. Und letztlich auch dem Publikum.

Zur Veranstaltung

„Drei Meister - drei Werke“. Deutsche Oper am Rhein, Düsseldorf. Weitere Vorstellungen am 13., 14., 27. Oktober sowie im November 2023 in der Oper Düsseldorf