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Erhebung zu Hass im NetzJunge Frauen besonders häufig von Hass betroffen

Lesezeit 3 Minuten
Lisa Paus und Elena Kountidou sitzen an einem Tisch, vor ihnen stehen Namensschilder und Mikrofone auf dem Tisch. Im Hintergrund die Aufschrift "gegen Hass im Netz".

Pressekonferenz zur Studie mit Lisa Paus, Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend und Elena Kountidou, Geschäftsführerin Neue deutschen Medienmacher*innen.

In einer neuen Erhebung gaben mehr als die Hälfte der Befragten an, sich aus Angst vor Hass im Netz seltener zur eigenen politischen Meinung zu bekennen.

Dass es um die deutsche Debattenkultur im Internet schlecht steht, ist kein Geheimnis. Eine neue Erhebung legt diesen Zustand nun in all seiner Drastik offen. Demnach bekennen sich mehr als die Hälfte der Befragten aus Angst vor Hass im Netz seltener zur eigenen politischen Meinung und beteiligen sich weniger an Diskussionen. Besonders problematisch ist die Situation für Frauen, queere Menschen und Menschen mit sichtbarem Migrationshintergrund.

Die Erhebung stammt vom Kompetenznetzwerk gegen Hass im Netz, ein Zusammenschluss der Organisationen „Das NETTZ“, der Gesellschaft für Medienpädagogik und Kommunikationskultur, „HateAid“ und den „Neuen deutschen Medienmacher*innen“. Das Kompetenznetzwerk wird gefördert vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend im Bundesprogramm „Demokratie leben!“, der Robert Bosch Stiftung und der Staatskanzlei des Landes Nordrhein-Westfalen. Die Herausgeber stellten die Ergebnisse der Studie in einer Pressekonferenz in Berlin vor.

Frauen besonders von Hass im Netz betroffen

Die Befragung von 3.000 Internetnutzerinnen und -nutzern ab 16 Jahren zeigte dabei, dass 49 Prozent der Personen schon einmal online beleidigt wurden. Ein Viertel der Befragten gab an, dass ihnen körperliche Gewalt angedroht wurde, bei sexualisierter Gewalt sind es 13 Prozent.

Personen mit sichtbarem Migrationshintergrund (30 Prozent), junge Frauen (30 Prozent) und Menschen mit homosexueller (28 Prozent) oder bisexueller (36 Prozent) Orientierung sind besonders häufig von Hass im Netz betroffen. Fast jede zweite junge Frau (42 %) erhielt bereits ungefragt ein Nacktfoto.

Die derzeitige Lage führe zu einem Rückzug aus demokratischen Diskursen. Mehr als die Hälfte der Befragten bekenne sich aus Angst im Netz seltener zur eigenen politischen Meinung (57 Prozent), beteilige sich seltener an Diskussionen (55 Prozent) oder formuliere Beiträge deshalb vorsichtiger (53 Prozent). Die Befürchtung, dass Hass im Netz die Vielfalt im Internet gefährde, teilten 82 Prozent der Befragten. Eine große Mehrheit findet, dass Hass im Netz in den letzten Jahren zugenommen hat (89 Prozent).

Herausgeber der Studie fordern mehr Unterstützung für Betroffene von Hass im Internet

Rüdiger Fries, Co-Vorsitzender der Gesellschaft für Medienpädagogik und Kommunikationskultur, äußerte sich in einer Pressemeldung der Organisation: „Medienkompetenz und politische Bildung müssen gestärkt werden, damit alle Menschen Hass im Netz und Desinformation etwas entgegnen können. Dafür braucht es eine nationale Bildungsoffensive und die strukturelle Verankerung von politischer Medienbildung in der Demokratiebildung.“

In der Pressemeldung betonte Lisa Paus, Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, dass Hass im Netz die Demokratie bedrohe. „Wir können gemeinsam etwas dagegen unternehmen. Das Kompetenznetzwerk gegen Hass im Netz führt Wissen und Erfahrung zusammen: Beratungsangebote für Betroffene, Unterstützung beim Schutz vor Cyberkriminalität und digitaler Gewalt oder Know-How für Debattenkultur im Netz – an vielen Stellen geht das Netzwerk gegen die Verrohung im digitalen Raum vor. Wir brauchen Weitsicht und passgenaue Maßnahmen, um Hass im Netz entgegen zu treten und einen respektvollen Austausch im Internet zu ermöglichen.“

Neben der Bildungsoffensive fordern die Herausgeber der Studie mehr Unterstützung für Betroffene von Hass im Internet. Es brauche ein bundesweites Netzwerk von spezialisierten Beratungsstellen und geschulte Strafverfolgungsbehörden, die Betroffene ernst nehmen. Denn nur fünf Prozent der Befragten hat schon einmal Hass gegen sich selbst bei der Polizei angezeigt. Die Herausgeber wollen auch die Social-Media-Plattformen in die Pflicht nehmen. Diese sollen konsequent gegen Verstöße vorgehen und auch finanzielle Verantwortung für die durch Desinformation und Hass entstandenen Schäden übernehmen.