Cinepänz, das Junge Filmfestival Köln, präsentiert ein mitreißendes Filmprogramm für Kinder und Jugendliche.
Festival CinepänzTräume, Alltagssorgen und Zukunftspläne
Während dieser Tage „Die Schule der magischen Tiere 3“ den Kinos einen warmen Geldregen beschert, kündigt sich im Windschatten der neuen Verfilmung der Bestseller-Buchreihe von Margit Auer ein ganz anderes Ereignis für filmbegeisterte Kinder an: Cinepänz, das Junge Filmfestival Köln, öffnet am 5. Oktober seine Pforten und bietet einen alternativen Einblick in ebenfalls unterhaltsame, oft aber weit ungewöhnlichere Kinder- und Jugendfilme.
Ob lang oder kurz, ob brandneu oder wiederentdeckt, ob inszeniert oder dokumentarisch, ob Film oder Serie: Sechs Tage lang werden an vielen Veranstaltungsorten Filmgeschichten erzählt, zudem Gespräche, Workshops, Mitmachprogramme und anderes mehr angeboten. Und auch wenn das auf den ersten Blick nicht ganz so angesagt erscheinen mag wie die „magischen Tiere“: Mit seiner 35. Festivalausgabe macht Cinepänz ein Angebot, das sich hinter Fuchs Rabbat, Schildkröte Henrietta, Kater Karajan oder Krokodil Rick kein bisschen verstecken muss.
43 Filme aus 24 Ländern hat das Team um Festivalleiterin Christine Bernau zusammengetragen und lädt ein, in vielfältigen Bilderwelten zu schwelgen und „Kulturen und neue Perspektiven auf das Leben und die Welt kennenzulernen“. Dabei ist die Idee des Jungen Filmfestivals Köln für Christine Bernau einfach: „Wir wollen jungen Menschen die Möglichkeit geben, die große Vielfalt von Filmen zu erleben. Wir lassen uns begeistern, wenn Filme eine vielschichtige Bedeutungsvielfalt erzeugen, wenn sie so präzise beobachten, mit so wunderbaren Darsteller:innen glänzen oder mit unvorhersehbaren Wendungen überraschen, dass sie junge und alte Menschen gleichermaßen überzeugen. Und Anlass geben zu einem Dialog auf Augenhöhe.“
Im Filmforum NRW, einem der neuen Festivalkinos, eröffnet das Festival gleich mit einem Highlight: „Grüße vom Mars“ ist der zweite Kinderfilm von Sarah Winkenstette, der mit „Zu weit weg“ (2022) ein viel beachtetes Debüt glückte und die nun ähnlich warmherzig und einfühlsam eine wunderbare Wohlfühlkomödie erzählt. Der zehnjährige Tom macht es seiner Mutter und seinen älteren Geschwistern Nina und Elmar nicht leicht: Durch den Tod seines Vaters scheinen sich seine autistischen Störungen noch weiter verstärkt zu haben, sodass er an lauten Geräuschen leidet, alles fürchtet, was rot ist, und feste Rituale braucht, um Halt zu finden.
Als die Mutter eine neue, gutdotierte Stelle in Aussicht hat und für vier Wochen nach China reisen muss, schickt sie ihre Kinder schweren Herzens zu Oma und Opa ins Dörfchen Lunau. Tom, dem leidenschaftlichen Weltraumerforscher, schenkt sie ein Logbuch für eine Probe-Mars-Mission: „Wenn du mit Oma und Opa klarkommst“, sagt sie, „dann schaffst du auch den Mars!“ Der neue „Planet“ Lunau ist reich an skurrilen, lustigen und hochdramatischen Entdeckungen, die der Film sensibel ins rechte Verhältnis zwischen Kranken- und Familiengeschichte setzt.
Ein grandioser Dokumentarfilm
„Grüße vom Mars“ konkurriert im Wettbewerb „Kids“ mit dem liebevoll gestalteten Puppentrickfilm „Fuchs und Hase retten den Wald“, dem visuell überbordenden Animationsfilm „Sirocco und das Königreich der Winde“ aus Frankreich, der an Meisterwerke aus dem japanischen Studio Ghibli erinnert, sowie mit „Akiko, der fliegende Affe“ von Veit Helmer, einer skurrilen, gewöhnungsbedürftigen Fantasie für die Jüngsten: Der sprechende Titelheld ist ein Affe, der aus einem Zoo entkommt, um mit Hilfe weiterer Tiere einen Freiheit verheißenden Wald zu entdecken.
Weit mehr noch als in seinem Kinderklassiker „Quatsch und die Nasenbärbande“ schlägt Helmers Fantasie Purzelbäume, wenn er unbekümmert Erwachsene in Affenkostüme steckt, Prominente wie Heike Makatsch, Meret Becker und Benno Führmann grotesk überzeichnet grimassieren und singen lässt und eine gewollt naive Utopie durchspielt, bei der hinter dem bilderbuchartigen Possenspiel durchaus Poesie aufblitzt.
Im sehenswerten Wettbewerb „Teens“ stellt sich der grandiose Dokumentarfilm „Sisterqueens“ der starken Konkurrenz. Drei Jahre lang begleitete Regisseurin Clara Stelle Hüneke drei Freundinnen im Berliner Wedding, die durch ein feministisches Rap-Projekt miteinander verbunden sind, aber auch einzeln als selbstbewusste Persönlichkeiten voller Träume, Alltagssorgen und Zukunftspläne in Bann schlagen.
Jamila, Rachel und Faseeha wachsen nicht zuletzt unter dem Druck von Corona heran, stellen sich mutig und solidarisch etlichen Herausforderungen, lernen, sich dank Musik, Tanz und Sprache auszudrücken und ihre Reflexionen über Gender und Feminismus alltagstauglich für ihr Leben zu machen. „Wir sind ein Mosaik, das Ergebnis ist eine Krone“, rappt Faseeha einmal, während Jamila singt: „Ich bleibe immer ‚true‘, weil ich andere respektiere und den Mut nicht verliere.“
Wie ein frischer, Mut machender Sturm fegt „Sisterqueens“ durchs Kino – und ist doch nur eine von vielen wichtigen Facetten, die Cinepänz jungen Zuschauenden bietet und damit tatsächlich zum Dialog auf Augenhöhe einlädt. Und dabei noch mehr ist: Mit Leidenschaft und Sachkenntnis schließt Cinepänz eine im Kinoalltag immer größer werdende Lücke. Nichts gegen „Die Schule der magischen Tiere“, aber Cinepänz zeigt, dass Kino noch so viel mehr sein kann. Gerade für Kinder und Jugendliche.
Cinepänz, Junges Filmfestival Köln 2024, 5. bis 10. Oktober. Programminfos und alle Termine unter cinepänz.de.