Der slowenische Philosoph Slavoj Zizek betonte, man müsse auch den Palästinensern zuhören. Daraufhin kam es zum Tumult.
Gäste verlassen SaalBuchmesse startet mit Eklat – Philosoph empört mit Rede zu Israel und Palästina
Die Rede des slowenischen Philosophen Slavoj Zizek hat bei der Eröffnung der Frankfurter Buchmesse für Tumult gesorgt. Zizek sagte, er verurteile die terroristischen Angriffe der Hamas auf die israelische Bevölkerung „uneingeschränkt“, betonte aber, man müsse auch den Palästinensern zuhören und deren Hintergrund beachten, wenn man den Konflikt verstehen will. Man werde zu schnell verdächtigt, Hamas-Unterstützer zu sein, wenn man auf das Leid der Palästinenser hinweise.
Während der Rede verließen einige Gäste den Saal. Der hessische Antisemitismusbeauftragte Uwe Becker widersprach Zizek erst vor und später direkt auf der Bühne. Becker warf Zizek vor, die Verbrechen der Hamas zu relativieren, verließ mehrfach den Saal, kehrte aber in Begleitung von Frankfurter Lokalpolitikern schließlich zurück. Auch Buchmessen-Direktor Juergen Boos versuchte, Becker zu besänftigen.
Eklat auf Buchmesse: Gäste verlassen während Zizek-Rede den Saal
Nach dem Ende der Rede sagte Boos: „Es ist die Freiheit des Wortes. Und die müssen wir hier stehen lassen, das ist mir wichtig.“ Eine Rede zu unterbrechen „muss möglich sein“. Er sei aber auch froh, „dass wir die Rede zu Ende gehört haben, auch wenn sie uns nicht gefallen mag. Auch wenn wir sie sogar verurteilen. Es ist wichtig, dass wir uns zuhören.“
Zizek nahm Bezug auf die Vorwürfe Beckers und entgegnete, er relativiere gar nicht. Die Terroranschläge seien ein schreckliches Verbrechen und Israel habe jedes Recht, sich zu verteidigen. Aber um zu verstehen, was dort geschehe, müsse man auch den Hintergrund der Palästinenser sehen. Es können im Nahen Osten keinen Frieden geben, ohne Lösung der Palästina-Frage.
Zizek will Fokus auf Palästinenser legen
Schon vor der Unterbrechung hatte der Philosoph ein „Analyseverbot“ bei diesem Thema kritisiert. Zizek kritisierte, all seine Vorredner hätten über Israel, aber niemand über die Palästinenser gesprochen. Die Entscheidung, die palästinensische Autorin Adania Shibli nicht auf der Buchmesse auszuzeichnen, halte er für „skandalös“.
Er sei stolz, auf der Buchmesse zu sein, sagte Zizek, „und ich schäme mich auch ein bisschen, hier zu sein“. Boos war am Ende von Zizeks Rede hörbar angefasst.
Der slowenische Philosoph und Wissenschaftler Slavoj Zizek hat bereits früher mit einigen seiner zahlreichen Veröffentlichungen in Zeitschriften für Kontroversen gesorgt. In Deutschland ist er unter anderem wegen seiner Meinungstexte, die in der Welt erscheinen, bekannt. Darin äußerte er sich in der jüngeren Vergangenheit unter anderem zum Krieg in der Ukraine.
Die Buchmesse öffnet an diesem Mittwoch ihre Tore für Fachbesucher. Es ist die 75. Messe der Nachkriegsgeschichte. Erwartet werden mehr als 4200 Aussteller aus 95 Ländern.
Angesichts des Angriffs der Hamas auf Israel wurde am Mittwoch kurzfristig eine Podiumsdiskussion mit dem Thema „In Sorge um Israel“ eingeschoben – unter anderem mit der Publizistin und Soziologin Eva Illouz. Danach geht es politisch weiter mit der von Journalist Deniz Yücel moderierten Veranstaltung „Hoffnung für Russland“. Dort sprechen etwa Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) und der russische Exil-Schriftsteller Dmitry Glukhovsky. (pst/dpa)