„Pottermania“ nimmt kein EndeHarry Potter feiert seinen 38. Geburtstag
- Vor 20 Jahren, am 28. Juli 1998, erschien der erste Band in deutscher Übersetzung.
Köln – Eine der erfolgreichsten Filmreihen aller Zeiten. Nominiert für insgesamt zwölf Oscars. Einspielergebnisse von mehr als acht Milliarden US-Dollar – auch die Verfilmungen der Harry-Potter-Bücher sprengen alle Rekorde.
Eine Überraschung ist das nicht. Joanne K. Rowling lehnt es zunächst ab, ihre Bücher verfilmen zu lassen, als Hollywood-Gigant Warner Brothers 1998 bei ihr anklopft. Im Juli ist – mit einer Startauflage von 10500 Exemplaren – der zweite Band der Reihe erschienen („Harry Potter und die Kammer des Schreckens“), und in den englischsprachigen Ländern reißt man sich bereits um die Fantasyromane aus Großbritannien.
Doch Warner Bros. lässt nicht locker. Schließlich sichert die Filmgesellschaft der Autorin ein erhebliches Mitspracherecht bei den Drehbüchern zu. Auch bei der Lizenzvergabe für Merchandising-Produkte und bei der Besetzung der Rollen darf Rowling mitreden. Ende 1998 steht der Deal, der der 33-Jährigen (neben einer satten Gewinnbeteiligung) angeblich eine halbe Million US-Dollar für die Filmrechte einbringt. Und den Wert der Marke Potter endgültig durch die Decke schießen lässt.
Zwei Jahre später, im Oktober 2000, beginnen die Dreharbeiten zu „Harry Potter und der Stein der Weisen“. Die „Pottermania“ steuert drei Jahre nach dem Start der Buchreihe einem ersten Höhepunkt entgegen. Am 8. Juli 2000 ist der vierte Band erschienen: „Harry Potter and the Goblet of Fire“. Am 14. Oktober hat Carlsen die deutsche Ausgabe auf den Markt geworfen. Startauflage von „Harry Potter und der Feuerkelch“: eine Million Exemplare.
40.000 Bewerber für Harry
Die Erwartungen der Potter-Fangemeinde sind entsprechend hoch. Steven Spielberg, zunächst als Regisseur ausgeguckt, ist Anfang des Jahres abgesprungen. Jetzt soll Chris Columbus die Dinge richten. Der 42-Jährige hat sich mit Blockbustern wie „Kevin – allein zu Haus“ und „Mrs Doubtfire, das stachelige Kindermädchen“ einen Namen gemacht. Die Verfilmung eines Potter-Romans sei der Höhepunkt seiner Karriere, schwärmt er. „Was soll jetzt noch kommen?“
Weniger reibungslos verläuft die Besetzung der Hauptrolle. 40.000 Jungen werden für den Part des Harry Potter gecastet. Kurz vor Beginn der Dreharbeiten fällt die Wahl schließlich auf einen weitgehend unbekannten Kinderdarsteller. Sein Name: Daniel Radcliffe. Die Rollen von Harrys Freunden Ron Weasley und Hermine Granger werden mit Rupert Grint und Emma Watson besetzt.
Auch in der britischen Film- und Theaterszene reißt man sich um eine Rolle in dem Potter-Spektakel. Die zweifache Oscarpreisträgerin Maggie Smith übernimmt den Part der gestrengen Minerva McGonagall, der Hollywood-erfahrene Alan Rickman gibt den zwielichtigen Professor Snape.
Filme mit einem magischen Charme
Columbus hält sich strikt an die Buchvorlage, was dem Film trotz seiner zahlreichen Spezialeffekte und computer-generierten Bilder einen gewissen altmodischen, wenn nicht gar magischen Charme verleiht. Die Zauberschule Hogwarts ist ein verwinkeltes Schloss mit dunklen Gängen, in denen der „Fast kopflose Nick“ und andere Geister ihr Unwesen treiben. Es gibt Drachen und anderes seltsames Getier, sprechende Bilder und Kerzen, die samt Halter lautlos durch die Hallen schweben.
Der Amerikaner erfüllt damit die Erwartungen der Potter-Fans, die sich eine möglichst werkgetreue Umsetzung des Romans wünschen. Schon im Vorfeld war im Netz heftig darüber diskutiert worden, ob sich die Potter-Saga überhaupt verfilmen lässt.
Endlich, am 16. November 2001, läuft „Harry Potter und der Stein der Weisen“ in Großbritannien, Kanada und in den USA an. Das Einspielergebnis übertrifft alle Erwartungen: Innerhalb von drei Tagen spült Harrys Einstand in der Filmwelt mehr als 116 Millionen US-Dollar in die Kinokassen. In Deutschland geht das 152 Minuten lange Werk eine Woche später an den Start und sorgt wochenlang für extra lange Schlangen vor den Kinos.
Eine Bitte an Mrs Rowling
Auch anderweitig erweist sich der Film als Goldgrube. Allein der Getränkekonzern Coca Cola zahlt 150 Millionen US-Dollar für die weltweiten Vermarktungsrechte an „Harry Potter und der Stein der Weisen“ – rund 20 Millionen mehr, als die Produktion des Films gekostet hat. Insgesamt vergibt Warner Bros. rund 300 Vermarktungslizenzen für Potter-Fanartikel wie T-Shirts, Tassen, Puppen und Poster. Zwei davon gehen an den Spielzeuggiganten Lego und den deutschen Achterbahn Verlag. Rowling verdient bei den Vertragsabschlüssen kräftig mit, was ihr gelegentlich den Unmut ihrer Fans einbringt. Vor allem der spektakuläre Coca-Cola-Deal stößt den Potter-Anhängern sauer auf. Im Netz veröffentlichen sie einen Brief an die Autorin: „Liebe Mrs Rowling. Wir hassen es zu sehen, dass Ihre wunderbare Schöpfung von einem gigantischen Konzern dazu missbraucht wird, Softdrinks an Kinder in der ganzen Welt zu verkaufen.“
Zehn Jahre später geht der achte Potter-Film an den Start: „Harry Potter und die Heiligtümer des Todes. Teil 2“, ein düsteres, unheilschwangeres Werk, das den Tod des Despoten Voldemort besiegelt. Längst sind die mit Gewaltszenen gespickten Filme tabu für Kinder unter zwölf Jahren, es sei denn, sie werden von einem Erwachsenen begleitet.
Vier Regisseure hat Potter verschlissen: Chris Columbus, Alfonso Cuarón, Mike Nevell und David Yates. Richard Harris, der Darsteller von Schulleiter Albus Dumbledore, ist nach Abschluss der Dreharbeiten zu „Harry Potter und die Kammer des Schreckens“ gestorben und musste durch Michael Gambon ersetzt werden. Und Daniel Radcliffe hat gestanden, bei den Dreharbeiten zu den letzten Filmen oft betrunken am Set aufgetaucht zu sein.
Doch das Abenteuer geht weiter. Im November 2016 startet der erste Film der Reihe „Phantastische Tierwesen und wo sie zu finden sind“. Das Skript von Joanne K. Rowling basiert auf einem gleichnamigen Lehrbuch aus den Potter-Romanen. Geplant sind fünf Folgen. Folge zwei soll am 15. November in die Kinos kommen.
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