Heinz RühmannDer unvergessene Volksschauspieler
Halle (Saale) – Als Komiker und Charakterdarsteller ist er unvergessen: Heinz Rühmann. Am Freitag jährt sich sein Todestag zum 20. Mal. Geboren am 7. März 1902 erfährt der Sohn einer Essener Hoteliersfamilie als 14-jähriger ein Trauma: Sein Vater nimmt sich nach der Scheidung das Leben. Mit 17 Jahren lehnt Rühmann die Aussicht ab, das elterliche Hotel zu übernehmen, er will Schauspieler werden.
Erste Erfolge in München
In Hannover, wo Theo Lingen sein Kollege ist, entdeckt er sein Talent für das Komische. In München feiert er in den 20er Jahren im Rollenfach des Naturburschen und jugendlichen Komikers erste Erfolge. Der eher klein gewachsene Schauspieler kreiert den Typus des verschmitzten, ehrlichen jungen Mannes, dem die Sympathien und Herzen zufliegen. Beste Voraussetzungen, auch den Film zu erobern.
Sein Leinwand-Debüt gibt Rühmann allerdings als unsympathischer Muttermörder in „Die für die Heimat bluten“. Nach einem weiteren Stummfilm holt ihn der große Theatermann Max Reinhardt nach Berlin, wo er unter anderem mit Marlene Dietrich auf der Bühne steht und als „Charleys Tante“ in einer Travestie-Rolle brilliert. 1930 wird er an der Seite von Willy Fritsch, Oskar Karlweis und Lilian Harvey im Unterhaltungsfilmklassiker „Die drei von der Tankstelle“ endgültig zum deutschen Star, Anfang der 30er Jahre ist er auf dem Höhepunkt seiner Karriere angelangt. Neben Hans Albers ist er der beliebteste deutsche Schauspieler.
Umstritten ist Rühmanns Verstrickung in die nationalsozialistische Filmwirtschaft. Sowohl seine erste als auch seine zweite Frau, die Schauspielerin Hertha Feiler, haben jüdische Wurzeln; das Ehepaar Rühmann-Feiler darf nur mit Sondergenehmigung arbeiten. Er versucht, sich mit dem Regime zu arrangieren. Als Staatsschauspieler wird Rühmann nicht zum Kriegsdienst verpflichtet, denn die Nazis sehen seine patriotische Aufgabe darin, die Bevölkerung mit komödiantischen Filmen wie „Quax, der Bruchpilot“ bei Laune zu halten. Sein späterer Kinohit „Die Feuerzangenbowle“ wird 1944 zunächst wegen „Respektlosigkeit gegen Autoritäten“ verboten; aber Rühmann hat gute Beziehungen zu den Machthabern und kann die Freigabe der Komödie erreichen.
Nach dem Krieg läuft Rühmanns Karriere nur schleppend an. Erst 1953 kann er mit dem Film „Keine Angst vor großen Tieren“ wieder Fuß fassen. Mit dem ihm eigenen Grundton der Trauer, der immer Anlass zur Heiterkeit gibt, erreicht er sowohl auf der Leinwand als auch auf der Bühne noch einmal darstellerische Höhepunkte.
Wechsel ins Charakterfach
Sein Fach sind jetzt Volkshelden wie der „Soldat Schwejk“ und der „Hauptmann von Köpenick“. Mit Rollen in Becketts „Warten auf Godot“ und in der Verfilmung von Arthur Millers „Tod eines Handlungsreisenden“ wandelt er sich zum Charakterdarsteller - ganz nach seinem Motto: „Erst wenn ein Anzug abgetragen ist, beginnt seine Glanzzeit.“ Nach zehnjähriger Pause tritt er im Alter von 91 Jahren in Wim Wenders Film „In weiter Ferne so nah“ ein letztes Mal vor die Kamera. Ein Jahr später, am 3. Oktober 1994, stirbt Heinz Rühmann in Berg am Starnberger See.