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Hendrik Streeck im WDR-KonzertGute Laune, auch wenn die Bläser Aerosole schießen

Lesezeit 2 Minuten

Hendrik Streeck

Köln – In der WDR-Klassikreihe „Musik im Dialog“ war am Donnerstag der Bonner Virologe Hendrik Streeck zu Gast. Warum eigentlich, fragte Sebastian Wellendorf, Moderator des Abends, gespielt provokant: „Was hat ein Virologe im Konzertsaal verloren?“

Die Antwort fiel dem Angesprochenen leicht. „Ich wollte eigentlich Filmmusik-Komponist werden und war immer hin- und hergerissen zwischen Musik und Medizin.“ Er habe einige Semester Musikwissenschaft studiert, so Streeck, und sogar eine Arbeit über Theodor W. Adornos Sicht auf Strawinskys Kompositionen verfasst. Da stöhnte Wellendorf mitfühlend auf und tat einigermaßen überzeugend so, als hätte er das Studium bei einem derart trockenen Thema auch geschmissen.

Hendrik Streeck wollte zunächst Filmkomponist werden

Eigentlich stand der Abend im Zeichen von Corona. Musikalisch begann er mit Franz Schuberts melancholischer „Begräbnis-Feyer“, gefolgt von Roland Mosers „Echoraum“, einer modernen Weiterführung von Schuberts Frühwerk – wie sämtliche Stücke gespielt vom WDR Sinfonieorchester unter der Leitung Heinz Holligers. Wie aus dem Grab stiegen dann Streeck und Wellendorf auf die Bühne, um gut gelaunt zu plaudern.

„Musik und Medizin sind artverwandt“, beschied Streeck. „Man muss in beiden Disziplinen unheimlich analytisch, aber auch sehr emphatisch sein. Man muss sich in einen Patienten hineinversetzen können, so wie man die Musik zugleich auch fühlen können muss.“ Überhaupt gehörten Emotionen zum Arztberuf dazu: „Man will sich doch mitfreuen mit der werdenden Mutter.“ Seinen Studienfachwechsel bereut Streeck offenbar nicht, auch wenn ihm kaum noch Zeit für die Musik bleibt. „Mein Cello habe ich 20 Jahre nicht mehr angefasst.“

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Heinz Holligers musikalischer „Atembogen“ diente dann zur Überleitung auf das Thema Corona – die Covid-Anmutung trägt das aus den 1970er Jahren stammende Stück schließlich schon im Titel. Streeck erinnerte daran, dass Blasinstrumente mit Aerosolen schießen, man sich im Konzertsaal aber trotzdem sicher fühlen kann. Er sei gewiss, so Streeck, dass der kommende Frühling wieder eine Änderung zum Besseren bringe. „Dann werden wir hoffentlich einen Sommerreifen- und Winterreifen-Modus haben.“ Unser Immunsystem lerne die ganze Zeit, so Streeck. „Es wird das Virus weiter geben, aber es wird nicht mehr eine solch zentrale Rolle spielen.“

Damit gab Streeck ein praktisches Beispiel dessen, was er als allgemeine Maxime der Pandemiebekämpfung empfahl: „Man darf nicht allein mit Angst arbeiten, man muss die Menschen mitnehmen.“ Ja, es gebe sogar positive Corona-Erkenntnisse: „Artenschutz ist Menschenschutz.“ So ging das Gespräch dahin und schnell zu Ende. Es folgte der musikalische Abschluss des Konzerts: Felix Mendelssohn Bartholdys „Italienische Sinfonie“. Eine Feier des Lebens und wohl auch eine Auferstehung nach so vielen Todesklängen.