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Hollywood-Rebell Mickey Rourke wird 70

Lesezeit 4 Minuten

Los Angeles – Den Ruf als Hollywoods ungehobelter Querkopf wird Mickey Rourke einfach nicht los. In einem mit Schimpfwörtern gespickten TV-Interview teilte der Schauspieler und Ex-Boxer im Juli gegen „Top Gun: Maverick”-Star Tom Cruise aus.

Seit 35 Jahren spiele dieser immer nur dieselbe Rolle, kritisierte Rourke seinen Kollegen. Als Schauspieler sei Cruise für ihn „irrelevant”, frotzelte er in der britischen Talk-Show „Piers Morgan Uncensored”.

Große Vorbilder

Ihm selbst komme es nicht auf Geld und Macht an, führte Rourke weiter aus - und verwies auf Kollegen wie Al Pacino, Christopher Walken, Robert De Niro und Marlon Brando, denen er als Schauspieler nacheifere. Der Mann mit dem Narbengesicht, den das Erotikdrama „9 1/2 Wochen” in den 80er Jahren zu Hollywoods Sexsymbol machte, hat beruflich und privat eine Achterbahnfahrt mit vielen Abstürzen hinter sich. An diesem Freitag (16. September) wird der rebellische Rourke 70 Jahre alt.

In der britischen Talk-Show ging Rourke auch kritisch mit sich selbst ins Gericht. Er habe ihm Leben Ratschläge missachtet, viele Fehler gemacht, sich wie ein „Arschloch” verhalten und seine Karriere zerstört. Er sprach über Gewalt und Missbrauch in seiner Kindheit und über 20 Jahre Therapie. Er sei als Schauspieler wirklich talentiert; wenn er sich nur benehmen könne, hätte er auch Chancen, sinnierte Rourke.

Er wollte Profiboxer werden

Sein Vater, ein Bodybuilder irischer Abstammung, verließ die Familie früh. Schon als Kind entdeckte Rourke seine Liebe zum Boxen, gab aber seinen Traum von einer Karriere als Profiboxer nach Verletzungen auf. Als Schüler spielte er Theater, nahm in New York Unterricht und fasste schließlich im Filmgeschäft Fuß.

In dem Thriller „Heißblütig - Kaltblütig” (1981) hatte er neben William Hurt und Kathleen Turner eine kleine Nebenrolle. Barry Levinson holte den Newcomer 1982 für die Buddy-Komödie „American Diner” vor die Kamera, Francis Ford Coppolas castete ihn für die Teenie-Saga „Rumble Fish” (1983).

Aufstieg und Fall

Der Erotikthriller „9 1/2 Wochen” (1986) unter der Regie des Briten Adrian Lyne an der Seite von Kim Basinger machte ihn dann über Nacht zum Kultstar. In Europa wurde der unzensierte Film über eine sadomasochistische Affäre ein Kinohit. Mit „Angel Heart” und „Barfly” setzte er den kometenhaften Aufstieg zum „tough guy” und Sexsymbol Hollywoods fort.

Doch bald folgte der Fall: Rourke machte mit Alkoholexzessen und Raufereien Schlagzeilen, er überwarf sich mit wichtigen Leuten. 1998 platzte auch noch seine oft stürmische Ehe mit dem Model Carré Otis, seiner Filmpartnerin aus dem Erotik-Streifen „Wilde Orchidee”.

Auf dem Tiefpunkt seiner Filmkarriere Anfang der 1990er Jahre stieg Rourke wieder in den Ring, jetzt als Profiboxer. Aber nach vier Jahren war er körperlich mit zertrümmerter Nase und gebrochenen Wangenknochen angeschlagen. Mit operiertem Gesicht kehrte er in kleinen Rollen („Sin City”, „Domino”) vor die Kamera zurück.

Comeback mit „The Wrestler”

Und dann das Comeback mit dem sensiblen Leinwanddrama „The Wrestler”: in dem Film des New Yorker Regisseurs Darren Aronofsky über den Wrestling-Veteranen Randy „The Ram” Robinson spielte Rourke eine Rolle, die perfekt zu ihm passte - einen abgewrackten Kämpfer mit einem geschundenen Körper, der trotz allem nicht aufhören kann. Kritiker priesen seine Darstellung, er wurde mit Preisnominierungen überhäuft.

Im Januar 2009 triumphierte Rourke auf der Golden-Globe-Bühne als bester Drama-Darsteller. In seiner Rede bedankte er sich unter anderem bei allen seinen Hunden, „denen, die noch hier sind und den anderen, die bereits gegangen sind”. Die ungewöhnliche Zuneigung zu den Vierbeinern begründete er mit Jahren der Einsamkeit. „Manchmal bleibt einem Mann in seinem Alleinsein nichts als der Hund. Mir haben sie die Welt bedeutet”, sagte Rourke.

Seine Hoffnungen auf einen Oscar wurden wenige Wochen später allerdings enttäuscht. Nicht Rourke, sondern Sean Penn holte die Trophäe für seinen Auftritt als charismatischer Schwulen-Politiker Harvey Milk in dem Polit-Drama „Milk”. „Mickey Rourke ist wieder da und er ist mein Bruder”, wandte sich Penn in seiner Dankesrede an den Mitstreiter.

Seit dem „Wrestler”-Erfolg steht Rourke regelmäßig in kleineren Rollen vor der Kamera. Til Schweiger gab ihm in dem Episodenfilm „Berlin, I Love You” (2019) Regieanweisungen. In diesem Jahr drehte er unter der Regie von Roman Polanski die schwarze Komödie „The Palace” - über Menschen am Silvesterabend 1999 in einem Hotel in den Schweizer Alpen. Mit dem Deutschen Oliver Masucci, der Französin Fanny Ardant und dem Briten John Cleese ist Rourke dabei in bester Gesellschaft.

© dpa-infocom, dpa:220914-99-754998/4 (dpa)