In „Frau im Dunkeln” überstrahlt Olivia Colman alle
Berlin – Egal ob in den Serien „Fleabag” und „The Crown” oder in Filmen wie „The Lobster” und „The Father”: Die britische Oscar-Preisträgerin Olivia Colman („The Favourite - Intrigen und Irrsinn”) ist mit ihrer Schauspielkunst stets eine Offenbarung.
Nun ist sie bei Netflix (seit 31.12.) als Professorin zu sehen, die im Sommerurlaub in Griechenland eine Psychokrise durchlebt.
„Frau im Dunkeln” (Originalfilmtitel: „The Lost Daughter”) heißt die durch und durch gelungene Elena-Ferrante-Verfilmung von Maggie Gyllenhaal. Der Film reiht sich ein bei düsteren Sommerfilmen wie etwa „Swimming Pool” von François Ozon mit Charlotte Rampling.
Risse in der perfekten Urlaubskulisse
Die in den USA als Professorin für italienische Literatur lebende Britin Leda Caruso ist allein verreist und hat sich zur Erholung mit ein bisschen Arbeit auf der griechischen Insel Spetses ein Apartment angemietet. Die 48-Jährige flirtet mit dem gutaussehenden Studenten Will aus Irland (Paul Mescal), der an der Strandbar jobbt, aber auch mit Lyle (Ed Harris), dem Hauswart ihrer Ferienwohnung.
Es könnte alles so schön sein, aber irgendetwas stimmt unter der Oberfläche nicht. Passend dazu ist das hübsch drapierte Obst in der Schale ihrer Wohnung von unten verfault und nachts liegt eine eklig große, laute Zikade auf dem Kopfkissen.
Die Ankunft einer unangenehm vulgären und auch bedrohlich wirkenden griechisch-amerikanischen Großfamilie bringt Unruhe an den Strand, an dem Leda gerne sitzt und sinniert. Leda fällt die attraktive Nina (Dakota Johnson) aus dieser Familie auf. Sie hat viel mit ihrer kleinen nervigen Tochter zu tun. Leda scheint sich in deren Überforderung in der Mutterrolle selbst wiederzuerkennen. Die Professorin wird im Folgenden melancholisch, fürsorglich, aber auch gemein.
Feinfühliges Drama aus Frauenperspektive
Der Film springt in Rückblenden hin und her (Jessie Buckley spielt die jüngere Leda) und offenbart allmählich, was es mit Leda und ihren Töchtern auf sich hatte und hat. Eindrucksvoll wird das Psychogramm einer Frau Ende Vierzig entworfen, die mit den ihr zugedachten Rollen und Verhaltensweisen kämpft und daran verzweifelt.
„Frau im Dunkeln” ist ein feinfühliges Werk aus weiblicher Perspektive, in dem Männer kaum eine Rolle spielen. Das Frauendrama ist das Regiedebüt der Schauspielerin Maggie Gyllenhaal (44, „Crazy Heart”, „The Dark Knight”), die hier ihren Mann Peter Sarsgaard als attraktiven Professor und Verführer in Ledas Vergangenheit besetzte.
In Venedig beim Festival 2021 wurde Gyllenhaal mit dem Preis für das beste Drehbuch (Premio per la migliore sceneggiatura) ausgezeichnet. Der gut zweistündige Film ist eine Adaption des gleichnamigen Romans von 2006, den die geheimnisvolle Bestsellerautorin Elena Ferrante schrieb. In dem italienischen Originalroman - „La figlia oscura” - ist Leda übrigens Englischprofessorin in Florenz und macht Urlaub an der kalabrischen Küste, wo eine Familie aus Neapel eintrifft.
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