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Interview mit Hejo Emons„Damals war es in Köln besser, ja klar“

Lesezeit 7 Minuten

Hejo Emons (r.) und Christoph Gottwald, Autor des ersten Regionalkrimis

  1. 1984 gründete der gebürtige Kölner seinen Verlag. Von Anfang an habe ihn vor allem interessiert, dass der Verlag wirtschaftlich funktioniert: „Ich war kein Verleger, der allein aus Begeisterung für die Literatur gehandelt hat.”
  2. Mit „Tödlicher Klüngel” von Christoph Gottwald begründete er die Regionalkrimis in Deutschland.
  3. Er entdeckte und förderte heute bekannte Autoren wie Frank Schätzing, Volker Kutscher und Friedrich Ani.

Herr Emons, seit 1984 gibt es Ihren Verlag. Wie ging es los?

Ein Bekannter wollte ein Buch machen über die romanischen Kirchen und fand in Köln keinen Verlag – da habe ich gesagt, okay, dann mach’ ich das. Ich studierte noch Kunstgeschichte – als erstes bin ich zum Buchhändler meines Vertrauens am Chlodwigplatz gegangen und habe ihn gefragt, wie das überhaupt geht. Mich hat von Anfang an interessiert, dass der Verlag wirtschaftlich funktioniert. Ich war kein Verleger, der allein aus Begeisterung für die Literatur gehandelt hat. Ich habe immer daran gedacht, dass man damit auch Geld verdienen muss.

1984, das Gründungsjahr, war das irgendwie besonders?

BAP war gerade eine große Nummer, da habe ich mir gesagt: Köln ist ein Thema. Auch für die jüngeren Leute. Machen wir doch also Bücher für die jüngeren Leute.

Und von Anfang an mit regionalem Bezug, aber ohne Volkstümelei.

Ja, das erste Buch war ein Führer durch Köln. Ums Tümeln sollte es nie gehen, das war mir wichtig. Machen wir immer noch nicht. „Köln zwischen Himmel un Ääd“ haben wir mehr als 10 000 Mal verkauft, das lief sehr erfolgreich. Das nächste Buch war ein Köln-Krimi. Ich habe immer gerne Krimis gelesen, also kam ich auf den Gedanken, mal einen Krimi herauszubringen, der in Köln spielt.

Gab es das noch nicht?

Nein. Ich habe mich jahrelang mit Rutger Boos vom Grafit-Verlag gestritten, wer den ersten Regionalkrimi herausgebracht hat – er behauptete, dass sei sein „Ekel von Datteln“ gewesen, während ich darauf bestehe, dass wir mit „Tödlicher Klüngel“ von Christoph Gottwald ein Jahr früher dran waren. Auf jeden Fall waren wir die ersten, die „Köln-Krimi“ drauf geschrieben haben.

Mussten Sie das erst anregen, oder kam Gottwald schon mit dem fertigen Köln-Bezug?

Damals ging man ja noch aus, und bei solchen Gelegenheiten habe ich rumgefragt und habe die Idee gestreut: Wir wollen einen Krimi machen, der in Köln spielt. Und so kam Christoph Gottwald auf mich zu mit einem Krimi, der zwar in Köln spielte, aber nicht sehr explizit zum Schauplatz Stellung bezog. Er hat ihn dann auf unseren Wunsch hin umgeschrieben, bis er so richtig Köln wurde. Mit einem Buch im Programm hatten wir ja noch nicht so viel zu tun, da gab es reichlich Zeit für ausführliches Lektorat.

Welches Verhältnis hatten Sie persönlich zu Köln?

Ich wurde 1950 in Köln geboren, zuerst wohnten meine Eltern in Ehrenfeld in der Eichendorffstraße, dann zogen wir in die Riehler Straße um. Ich konnte immer prima Kölsch sprechen, weil mein Opa es sprach. Mir war Köln immer sehr nah, ich fand Köln immer prima. Köln und dann London.

Zur Person

Hermann-Josef – Hejo – Emons wurde 1950 in Köln geboren. 1984 gründete er seinen gleichnamigen Verlag in der Lütticher Straße, 2015 zog der Verlag in die Cäcilienstraße um.

Emons veröffentlichte in der Reihe „Köln Krimi“ den ersten deutschen Regionalkrimi, den der Verlag auch als solchen vermarktete. Als erster Titel erschien 1984 „Tödlicher Klüngel“ von Christoph Gottwald.

War Köln damals in einem positiven Sinn nicht noch ein bisschen schmuddliger als heute?

Damals war es besser, ja klar.

Wie schnell haben Sie Ihr Programm im Verlag dann erweitert?

Sehr, sehr, sehr, sehr langsam. Das bedauere ich heute ein bisschen. Ich habe immer so gehandelt, dass ich es auch wieder hätte bleiben lassen können. Ich stellte ein Programm zusammen, mit dem ich mich nicht so verschulden musste, dass ich am nächsten Tag nicht hätte sagen können, ich lass’ es. Das Gute war, dass wir bei den Köln-Krimis immer schon die Auflage verkauft hatten, bevor wir die Rechnung beim Drucker bezahlen mussten. Wir hatten im Grunde keinen Finanzierungsbedarf. Ich hatte 2000 Mark – damit habe ich angefangen. Heute sind wir unter den 100 größten Verlagen in Deutschland.

Ginge das heute noch, mit 2000 Euro dann?

Ich glaube schon. Es kommt ja drauf an, welche Bücher man macht, und wie viel man selber macht. Ich bin mit dem Auto im Vorgebirge herumgefahren und habe Bücher verkauft. Das habe ich gerne gemacht: Kontakt mit den Buchhändlern knüpfen – ich fand das okay. Wir haben selber die Pakete gepackt, wir haben selber ausgeliefert, wir haben das zur Post gebracht oder sind mit dem Auto selber hingefahren, wir waren unsere eigenen Vertreter. Das haben wir relativ lange so gehalten. Ich musste sehr überredet werden, das bleiben zu lassen. Dann kam auf Betreiben unseres Vertriebsleiters eine professionelle Verlagsauslieferung, und weil die merkten, dass ich sie nicht wollte, haben wir am Ende dann sehr gute Konditionen bekommen.

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Sie versuchen, Bücher gegen den Strich zu bürsten – bei Stadtführern geht es darum, nicht auf das aufmerksam zu machen, was man kennt, sondern die Aufmerksamkeit aufs Unbekannte zu lenken.

Ich halte es für völlig blödsinnig, Bücher zu machen, die es schon gibt. Wenn es um den Kölner Dom geht, will ich, dass in dem Buch etwas steht, was ich noch nicht weiß, zum Beispiel, dass da irgendwo im Dom eine Toilette existiert.

Auf Ihrer Autorenliste finden sich klangvolle Namen: Frank Schätzing, Volker Kutscher, Friedrich Ani – die sind aber irgendwann gegangen.

Das ist natürlich ärgerlich. Gerade beim Krimi ist das so. Die Autoren haben bei uns angefangen – Schätzing hat, glaube ich, fünf Bücher bei uns gemacht – und sind dann weitergezogen, weil sie dachten, dass sie bei den großen Verlagen auch richtig groß würden. Was ja vielleicht auch stimmt.

Aber Sie können für sich in Anspruch nehmen, die Autoren entdeckt zu haben.

Ja klar. Wir haben die Bücher ja auch intensiv lektoriert und mit den Autoren gearbeitet. Hätte ich Ani nicht gefragt, wäre er nie auf die Idee gekommen, Krimis zu schreiben.

Wodurch erklären Sie sich, dass Krimis so populär sind?

Was passiert im Krimi? Ein Verbrechen, das am Ende aufgeklärt ist. Das heißt, am Anfang ist die Welt in Unordnung, und dann wird sie wieder zurechtgerückt. Das ist tröstlich. Man kann am Ende sagen, der Weg war hart, aber letztlich hat die Gerechtigkeit gesiegt. Insofern wird im Krimi ein Grundbedürfnis befriedigt.

Also kann man sich nur schwer einen Krimi vorstellen, an dessen Ende keine Lösung steht?

Das ist schwer in der Diskussion. Im Film sowieso – schlechter Ausgang im Film, da wird es schon schwierig. Ich finde das gut, da wird das Böse weitergeschrieben.

Wie groß sind die Variationsmöglichkeiten, denn es ist doch ein klarer Weg, den ein Krimi einzuschlagen hat?

Die Autoren dürfen bei mir alles machen. Wir haben zwei Bücher gemacht, „Wie schreibt man einen verdammt guten Krimi?“ und „Wie schreibt man einen verdammt guten Roman?“, und wenn sich jemand daran hält, ist das okay, aber es kann ja auch superspannend sein, wenn man dagegen verstößt. Ich finde das interessant.

Ist das Interesse für Regionalkrimis ungebrochen?

Das läuft richtig gut. Es gibt ja mittlerweile keinen Verlag in Deutschland mehr, der keine Regionalkrimis macht.

Welche Herausforderung stellt die Digitalisierung?

Ich tue mich nicht ganz einfach damit. Ich will, dass wir in diese Richtung denken – erfolgreich machen wir zum Beispiel die

E-Books, für die man auch nicht viel Geld ausgeben muss. Wir investieren auch mehr in Hörbücher, wobei ich eines glaube: Es wird bleiben, dass Leute Bücher auf dem Papier lesen wollen. Ganz entgegen einer Studie, die der Börsenverein gemacht hat, nach der mehr als sechs Millionen Leser verloren gegangen sein sollen. Völliger Unsinn.

Sie sind nicht nur Buchverleger, sondern auch Filmproduzent. Wie kam es dazu?

Ich habe mit Ralph Schwingel einen Krimi gemacht, „Schwarze Post aus Altona“. Da war Schwingel schon Produzent, und er wollte damals in Nordrhein-Westfalen gerne etwas anstoßen. Er fragte mich, ob ich nicht Lust hätte, das Büro hier zu übernehmen, und ich sagte ja. So haben wir „Wüste Film West“ gegründet und Filme wie „Solino“, „Emmas Glück“ oder „Tannöd“ hier produziert. Schöne Filme, wie ich finde – ich bin mir nicht sicher, ob das heute noch so geht.

Warum?

Es gibt Voraussetzungen, die das unabhängige Filmemachen erschweren: Sie brauchen einen Verleih, einen Sender, mindestens zwei bankable Schauspieler und dann weiß man schon, was dann passiert. Es wird ein Film wie viele andere auch.

Wie soll es weitergehen?

Ich habe mal auf ein Prospekt von uns geschrieben „weltweit regional“. Da hatten wir gerade mal Bücher über Köln, die Eifel und Düsseldorf. Heute liegen unsere Bücher in New York, Los Angeles und New Orleans. Wir werden weiter und intensiv regionale Bücher weltweit in vielen Sprachen machen. Wenn ich das nicht mehr hinkriege, wird es meine sehr tüchtige Tochter machen, die das hier weitermachen wird, wenn ich irgendwann mal aufhöre.