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Johann König bei Köln Comedy„So entspannt wie nach dem Sex"

Lesezeit 6 Minuten

Johann König in einem Café in Nippes. Am Donnerstag tritt er im Rahmen des Köln Comedy Festivals auf.

Johann König tritt am Donnerstag im Rahmen des Köln Comedy Festivals im Studio Mülheim auf. 

Herr König, Deutsche brauchen, gerade wenn es um Humor geht, Schubladen, in die sie jemanden stecken können. In welche passen Sie? Comedian, Komiker, Kabarettist?

Wenn die Leute lachen, ist mir egal, wie man mich nennt. Ich selbst habe gar keine Lust, mich einzuteilen. Aber ich mag das Wort Komiker, weil Heinz Erhard ein Komiker war und er mein Vorbild ist.

Mit tagesaktuellen oder politischen Witzen halten Sie sich bei Ihren Auftritten sehr zurück. Warum eigentlich?

Ich bin kein Kabarettist. Ich mache in meinem Programm den Standardgag "Was grenzt an Dummheit? Mexiko und Kanada". Und man hört an der Reaktion der Leute, wie sie sich freuen, wenn ich mal einen aktuellen Witz mache. Aber natürlich sind dann alle einer Meinung, und das schreckt mich ab. Diesen Gesinnungsapplaus will ich nicht. Donald Trump als dumm zu bezeichnen ist ja das Allereinfachste. Ich will mich nie über die Frisur eines Politikers lustig machen. Politik ist so kompliziert, dass es mir zu einfach ist, darüber Witze zu machen.

Sie können mit politischem Kabarett nichts anfangen?

Kabarettisten schimpfen ja oft über Vorurteile, und gleichzeitig benutzen sie pausenlos nur ihre eigenen gegenüber Politikern. Die sind korrupt, unglaubwürdig, machtgeil. Ich weiß auch nicht, wie Politik besser funktionieren könnte. Aber über die Vorurteile der AfD gegen Flüchtlinge zu schimpfen und sich gleichzeitig an den eigenen Vorurteilen abzuarbeiten, finde ich nicht lustig.

Aber sind es nicht auch Vorurteile, wenn Sie sich über Veganer auslassen?

Ja, natürlich. Ich spreche in meinem Programm von diesen lustlosen, humorlosen, dürren, blassen, kränklichen Veganer. Und ergänze dann: Um mal die blödesten Klischees abzuarbeiten. Ich kriege vor dem Komma Applaus von den falschen Leuten, die Veganer doof finden, und nach dem Komma kommt der Applaus von den anderen. Und genauso will ich das haben. Ich möchte mich nicht auf eine Seite schlagen. So habe ich das auch bei den Helikoptereltern versucht. Ich setze mich eben nicht über sie hinweg, weil ich mich selbst immer wieder dabei erwische, dass ich überbehütend erziehe. Ich versuche, durch Selbstironie zu zeigen, dass ich nicht besser bin. Das ist mir sonst zu einfach.

Belehren wollen Sie also nicht, über Politik reden auch nicht, was ist denn Ihre Botschaft, wenn Sie auf die Bühne gehen?

Darüber mache ich mir überhaupt keine Gedanken. Ich bin nicht auf der Bühne, um etwas zu erreichen. Ich erzähle Dinge, die mir auffallen, und freue mich, wenn die Leute das auch lustig finden. Ich glaube, dass sie am Ende merken, dass ich tatsächlich im Bio-Laden wegen der Meere auf die Plastiktüte verzichte, dafür aber den bedrohten Fisch esse. Ich will zeigen, dass ich zwar Bescheid weiß, aber in genauso viele Fallen tappe wie alle anderen. Ich will nicht, dass die Leute belehrt oder traurig aus dem Abend gehen. Die sollen danach entspannt sein, so wie nach dem Sex. Das ist mein Anspruch.

Sie bezeichnen sich als schüchtern. Warum zieht es Sie dann auf die Bühne?

Es ist nur das Lachen der Leute. Das ist wie eine Droge. Wenn sie über Sachen lachen, die ich mir ausdenke, ist das alle Anstrengung wert.

Wie anstrengend ist es denn?

Es ist zwar anstrengend, aber es ist auch keine Doppelschicht am Hafen. Das ist ein Geschenk. Ich dachte immer, ich werde Lehrer. Ich stand kurz vor dem ersten Staatsexamen. Es hat sehr lange gedauert, bis ich sicher war, dass ich davon leben kann. Aber wenn hier in Deutschland ein Anschlag in einem Theater passiert, kann es auch ganz schnell vorbei sein. Nach dem Anschlag im Bataclan sind die Verkäufe in Frankreich für Konzerte und auch für Kleinkunst um 50 Prozent zurückgegangen. Und einmal ein falscher Nazivergleich, und man ist auch weg.

Hat man da nicht eine Schere im Kopf?

Ja, das kann gut sein. Aber ich finde Nazivergleiche sowieso nicht lustig. Und das ist ja auch ein berechtigtes Tabu. Ich rede im aktuellen Programm über Obdachlose, das ist manchen schon zu viel. Aber für mich sind Obdachlose normale Leute, mit denen ich mich unterhalte. Deshalb integriere ich sie auch in mein Programm, man darf sich über sie lustig machen.

Wie wichtig ist Fernsehpräsenz für einen Komiker heutzutage?

Nicht mehr so wichtig wie früher. Früher hatte ich rund 30 Fernsehauftritte im Jahr, heute sind es vielleicht noch fünf. Durch Youtube wird die mediale Präsenz konserviert. Man muss mich nicht zufällig im Fernsehen sehen, man kann sich das alles jederzeit angucken. Und wenn man da zwei, drei Millionen Klicks hat, dann sind das Leute, die es bewusst gucken, so viele Zuschauer erreicht man im Fernsehen kaum.

Beim Comedypreis, bei dem Sie dieses Jahr Präsident der Jury sind, soll ja alles anders und besser werden. Aber wie soll das gehen, wenn es da immer dieselben Preisträger gibt?

Wenn die "heute show" immer wieder den Preis holt, was soll man da ändern? Das ist nun mal die beste Satire-Show, dann kann man ja nicht einfach jemand anderen gewinnen lassen. Wenn man das macht, dann fragen die Leute auch, was das soll. Es liegt also gar nicht unbedingt am Preis selbst, sondern an der Szene. Ich sehe aber jetzt als Jurypräsident, mit wie viel Akribie geguckt und diskutiert wird. Humor theoretisch zu vergleichen finde ich sehr spannend und deshalb bin ich froh, dass ich das mache. Und ich verspreche: Das wird dieses Jahr der lustigste Comedypreis, den es je gab.

Ich habe gelesen, dass Sie Ihre eigenen Auftritte bewerten. Wo läuft es denn besonders gut?

Für mich läuft es am besten in Köln und nördlich von Köln. Südlich wird es etwas weniger. In Niederbayern ist es ganz schwierig. Ich fahre da gerne hin, aber die Leute lachen weniger. Ich wohne seit 20 Jahren in Köln und bin mittlerweile ein halber Kölner, meine Eltern kommen aus Norddeutschland, ich bin in Westfalen aufgewachsen: Das ist also ein westfälisch-kölnischer Ostfriesenhumor.

Zur Person

Johann König (45) wurde in Soest geboren. Nach einer Ausbildung zum Kinderkrankenpfleger studierte er an der Sporthochschule Köln und der Heilpädagogischen Fakultät mit dem Ziel, Sportlehrer zu werden. Als Student trat er erstmals auf kleinen Bühnen mit selbst geschriebenen Gedichten auf. Es folgten weitere Kurzauftritte und schließlich erste Soloprogramme. Bekannt wurde er auch mit Auftritten in der Harald Schmidt Show. König lebt mit seiner Familie in Köln.

Am Donnerstag, 19. Oktober, tritt König um 21.30 Uhr im Rahmen des Köln Comedy Festivals mit seinem aktuellen Programm "Milchbrötchenrechnung" im Studio Mülheim, Schanzenstraße, auf. Der Auftritt wird für eine Fernsehausstrahlung aufgezeichnet.

Beim Deutschen Comedypreis, der am 24. Oktober in Köln verliehen und am 27. Oktober bei RTL ausgestrahlt wird, ist er Präsident der Jury. (amb)