Gebrauchte Slipper für die EwigkeitSotheby's versteigert Lagerfelds Erbe in Köln
Köln – „Nach mir die Sintflut“, konterte Karl Lagerfeld Fragen zu seiner ungezügelten Sammellust, die unter Händlern schöner Dinge beinahe so legendär war wie die ikonische Erscheinung des Modeschöpfers für den Rest der Welt. Irgendwie mussten die Wohnungen, Häuser und Schlösschen ja gefüllt werden, die Lagerfeld nacheinander oder auch gleichzeitig besaß, wobei er, wenn seine persönliche Mode wechselte, durchaus mit deutscher Gründlichkeit auszumisten verstand. In den 80er Jahren füllte er sein Apartment in Monte Carlo mit Memphis-Möbeln, seinen Landsitz Manoir Le Mée machte er zu einem Museum für das Kunstgewerbe des 18. Jahrhunderts. Beides ließ er zu Lebzeiten versteigern, um sich neuen Jagdgefilden zuwenden zu können.
Der Erbe des Lagerfeld-Vermögens bleibt geheim
Es blieb genug übrig, um die Schar an Bewunderern nach seinem Tod mit einer kleinen Sintflut an Design- und Erinnerungsstücken zu versorgen. Lagerfeld starb 2019, im Dezember 2021 begann das Auktionshaus Sotheby’s damit, den Nachlass zugunsten eines unbekannten Erben zu versilbern. In den beiden ersten Auktionen, in Monaco und Paris, kamen 18,2 Millionen Euro herein, das war deutlich mehr als veranschlagt. 1400 Sammler aus 58 Ländern rissen sich laut Sotheby’s um eine „Dom Perignon Balloon Venus“ von Jeff Koons, einen Rolls Royce Phantom oder die abgeschnittenen Chanel-Handschuhe, mit denen Lagerfeld seine Altersflecken souverän verdeckte. Über den Empfänger des Geldsegens hüllt sich Sotheby’s in vornehmes Schweigen – Lagerfelds geliebte Katze Choupette, die einen opulenten Lebensstil gewohnt ist, soll es aber nicht sein.
Jetzt kommt die dritte Charge des Nachlasses in Köln zum Aufruf, in Live- und Online-Auktionen, jeweils abgehalten im Palais Oppenheim, dem Sotheby’s-Domizil am Bayenthaler Rheinufer. Die meisten Dinge in der Auslage stammen aus Lagerfelds letztem Haus in Louveciennes, wo sich der Hausherr offenbar einen nostalgischen Traum seiner Heimat erfüllen wollte. Jedenfalls sammelte er für dieses Zuhause mit Vorliebe deutsche Plakatkunst der 1910er bis 1920er Jahre, etwa von Ludwig Hohlwein oder Walter Schnackenberg, er kaufte Möbel von Bruno Paul aus der Zeit der Weimarer Republik, Porzellanfiguren von Gerhard Schliepstein aus derselben Epoche und sogar etliches aus der Biedermeierzeit.
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All dies dürfte das Herz einiger Liebhaber und Experten höher schlagen lassen, während sich Promijäger und Fangemeinde wohl eher nach den klassischen Lagerfeld-Memorabilia verzehren. An denen herrscht in Köln kein Mangel. Wer in ein Sakko aus Lagerfelds Kleiderschrank schlüpfen möchte, wird im Palais Oppenheim ebenso bedient, wie derjenige, der nach eigenhändigen Modeskizzen, Gelegenheitszeichnungen, garantiert gebrauchten und monografierten Slippern oder schwarzen Sonnenbrillen sucht. Eine ganze Armada von iPods stets ebenfalls bereit. Lagerfeld besaß sie zu Dutzenden, weil er sich weigerte, Musikstile zu mischen und lieber stets einen Sackvoll von ihnen bei sich trug. Allerdings funktionieren die iPods laut Sotheby‘s allesamt nicht mehr; das Auktionshaus versteigert sie als nach Baujahr, Farbe und Formen geordnetes Sortiment.
So fühlt man sich dem Menschen Lagerfeld beinahe nahe
Lagerfelds Geschmack wird von Sotheby’s als exquisit und eklektizistisch gepriesen, was eine schöne Umschreibung dafür ist, dass man sich ein derartiges, auf mehrere Domizile verteiltes Sammelsurium erst einmal leisten können muss. Zum Glück hat auch das Kölner Palais Oppenheim viele Kabinette, in denen man ein Haus mit vielen Zimmern und Epochen simulieren kann. Es gibt ein Ankleide-, ein Musik- und zwei Schlafzimmer, jeweils im eigenen Stil und mit persönlichen Andenken oder eitlem Schnickschnack wie einem „Star Wars“-Poster in Lagerfeld-Anmutung aufgewertet. So fühlt man sich dem Menschen Lagerfeld beinahe nahe, was beim Künstler Lagerfeld weniger gut gelingt. Seine Illustrationen zu Hans Christian Andersens Märchen „Des Kaisers neue Kleider“ lassen einen immer noch rätseln, ob man sie schwelgerisch, fellinesk oder einfach scheußlich finden soll.
Die Preise wirken durchweg moderat, vieles geht für einige Hundert oder wenige Tausend Euro an den Start. Allerdings dürften auch in Köln die Liebhabergebote die Schätzpreise teils deutlich übertreffen. Schnäppchen könnten am ehesten in der am 29. April beginnenden Online-Auktion zu machen sein. Dort wird auch ein Kratzbaum mit Lagerfeld-Gesicht angeboten, den Choupette hoffentlich nicht allzu sehr vermisst.
„Karl. Der Nachlass von Karl Lagerfeld, Teil 3“, Sotheby’s, Gustav-Heinemann-Ufer 136-138, Köln, Abendauktion, 4. Mai, 19 Uhr. Öffentliche Vorbesichtigung: 28. April bis 4. Mai, 10-17 Uhr.