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„Köln leuchtet literarisch“Stipendiaten aus der Kölner Literaturszene stellen ihre Arbeit vor

Lesezeit 4 Minuten
Die Kölner Autoren Tilman Strasser, Gundula Schiffer, Thomas Empl und Adrian Kasnitz (v. l.) werden vom Dieter-Wellershoff-Stipendium gefördert.

Die Kölner Autoren Tilman Strasser, Gundula Schiffer, Thomas Empl und Adrian Kasnitz (v. l.) werden vom Dieter-Wellershoff-Stipendium gefördert.

Die Dieter-Wellershoff-Stipendiaten Thomas Empl, Adrian Kasnitz, Gundula Schiffer und Tilman Strasser gewähren am Freitag im Kölner Literaturhaus Einblicke in ihr Schaffen.

Es gibt gute Nachrichten! Sehr gute sogar. In der Kölner Literaturszene, sagt Thomas Empl, sei „angenehm viel“ los. Gleich denkt der Schriftsteller an goldene Zeiten: „Vielleicht ist das der Vibe, den Köln in den Achtzigern und Neunzigern für Musik hatte?“ Jedenfalls verpasse er immerzu eine Veranstaltung, weil parallel noch eine weitere locke. Doch nicht verpassen wird er an diesem Freitag „Köln leuchtet literarisch“. Denn Thomas Empl ist einer der vier Dieter-Wellershoff-Stipendiaten, die ihre jüngsten Arbeiten im Literaturhaus Köln vorstellen. Mit ihm auf der Bühne: Adrian Kasnitz, Gundula Schiffer und Tilman Strasser.

Das positive Votum ist einhellig. Gundula Schiffer bezeichnet die Szene als „sehr lebendig, abwechslungsreich und groß in ihrem Angebot“. Tilman Strasser rekapituliert: „Seit ich vor etwas mehr als zehn Jahren in die Stadt kam, hat sich die Zahl der Initiativen in der freien Szene vervielfacht, sind Studiengänge und Festivals hinzugekommen, Kooperativen und Netzwerke entstanden.“ Nicht unwichtig sei zudem, dass das Publikum gewachsen und heterogener geworden sei.

Adrian Kasnitz wünscht sich mehr Freiräume für Autorinnen und Autoren

Auch Adrian Kasnitz sieht zunächst einmal das Positive der Kölner Szene. Er verweist auf die vielen Lesungsformate, Festivals, Zeitschriften, auf die Ausbildungsorte für literarisches Schreiben und auf die Verlage, zu denen auch seine „Parasitenpresse“ gehört. Gleichwohl – es gibt Luft nach oben. „Als größte Stadt im Westen darf der Anspruch ruhig größer sein“, sagt er. Der Autor und Verleger wünscht sich „mehr Freiräume, wo auch nicht institutionell angebundene Personen tätig werden können“.

Gundula Schiffer bedauert, dass sich die kulturellen Aktivitäten im Zentrum ballen. Dabei habe man doch in Köln „eine solche schöne Fülle ganz unterschiedlicher Viertel“. Für noch mehr Vitalität, meint Tilman Strasser, könnte „eine gleichmäßigere Verteilung des Lesungsangebots über den gesamten Stadtraum“ sorgen, zudem „eine engere Verzahnung verschiedener Vermittlungskonzepte“ und „eine konsequentere Lobbyarbeit für die Literatur“. Thomas Empl lenkt den Blick auf die Mietsituation, die „jedes Jahr schlimmer“ werde. „Wenn’s so weitergeht, ist Köln für Künstlerinnen und Künstler nicht mehr zu bezahlen, und dann ist es vorbei mit der vitalen Kulturszene. Dann sagen wir Servus und gehen geschlossen nach Wien.“

Im Literaturhaus liest Thomas Empl aus seinem Prosaband „Inneres Zittern“, der 2023 mit dem Wellershoff-Stipendium bedacht wurde und mittlerweile in der parasitenpresse erschienen ist. Darin macht er bekannt mit Menschen, die „versuchen, in den Moment zu kommen“, und dabei scheitern. Aber immerhin: „Sie kämpfen, stehen auf, übernehmen Verantwortung für sich selbst.“

Tilman Strasser schreibt über Verschwörungsmythen

Tilman Strasser erhielt 2020 das Dieter-Wellershoff-Stipendium für sein Romanprojekt „Gespinst“. Der Roman besteht aus Briefen, die ein Vater an seine Tochter schreibt. Darin werde erzählt, teilt er mit, wie eine Lüge von einem Leben Besitz ergreife. Verschwörungsmythen kommen auch drin vor. Der Roman ist abgeschlossen: „Es gibt vier Fassungen, die letzte ist hoffentlich die beste.“

Adrian Kasnitz widmet sich in seinem Romanprojekt „Der Schatten“, für das er 2020 das Stipendium erhielt, Fragen nach Herkunft, Identität und Familiengeschichte. Gestellt werden diese auf einer Reise in die Kindheit, die der Protagonist mit seinem kranken Vater macht. Noch liegt das Buch nicht vor: „Ich dachte, ich würde schneller sein, aber es sind viele Sachen dazwischengekommen.“ Dennoch sei der Text stetig gewachsen – „und ich hoffe, ihn in näherer Zeit abschließen zu können.“

Gundula Schiffer war in Israel nah an der Trauer

Gundula Schiffers Gedichtband „Hioba Hymore“, 2021 mit dem Stipendium gefördert, liegt im Elif Verlag vor. Auf den ersten Blick sticht heraus, dass die Autorin darin sowohl deutsche als auch hebräische Verse versammelt. Die Gedichte seien „einerseits durch den Dialog mit der hebräischen Sprache und der biblischen Literatur inspiriert“, sagt sie. Andererseits „versenken sie sich immer wieder in die eigene biographische Herkunft, in die dörflichen, waldigen Landschaften des Rheinlands im Gegensatz zu Israel, wo das Licht gleißt und die Wüste ein Großteil des Landes bestimmt“.

Den Dezember hat Gundula Schiffer genau dort verbracht. In Israel war sie zum einen eingeladen zu einer Residenz im Scholem-Asch-Haus in Bat Jam, zum anderen ging es ihr darum, „Beistand zu leisten und in der Nähe der Trauer zu sein“. Dabei habe man eine Online-Anthologie mit Texten israelischer Autorinnen und Autoren verabredet, die nach dem brutalen Angriff der Hamas entstanden sind. Sie selbst wird die Übersetzung beisteuern.


Zur Sache

„Köln leuchtet literarisch“, Veranstaltung mit vier Dieter-Wellershoff-Stipendiaten im Literaturhaus, 2. Februar, 19 Uhr.

Das Dieter-Wellershoff-Stipendium, das 2018 von der Stadt Köln eingeführt wurde und vom Literaturhaus Köln betreut wird, geht jährlich an zwei Autorinnen bzw. Autoren. Die finanzielle Unterstützung soll es ermöglichen, begonnene Arbeiten fortzusetzen oder zu vollenden.