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Ausstellung in der ArtothekSind wir nicht alle ein bisschen Fabeltier?

Lesezeit 3 Minuten
Eine auf dem Rücken liegende Figur scheint bunte Bälle zu fangen, während ein fantastisches Wesen an ihr knabbert.

Diese Zeichnung aus Lena Anouk Philipps Serie „Quarantäne“ ist jetzt in der Kölner Artothek zu sehen.

Die Künstlerin Lena Anouk Philipp zeigt in der Kölner Artothek Bilder und Figuren wie aus einem Sommernachtstraum.

Als Kind, sagt Lena Anouk Philipp, habe sie keine Märchen der Gebrüder Grimm vorgelesen bekommen, sondern märchenhafte Geschichten aus Indien und Lateinamerika. Statt im deutschen Hexenwald wuchs sie auf dem Rücken einer durchs Weltall schwimmenden Schildkröte auf und mit Göttern, die sich in den Sonnenuntergang verwandeln, um anderen Gottheiten einen Streich zu spielen. Diese Früherziehung zur beseelten Natur sieht man auch heute noch Philipps Bildern an – und färbt wohl selbst auf ihre Wahrnehmung des Königsforstes ab.

Ich male intuitiv, mit Assoziationen, die wie Anfänge von Geschichten sind
Lena Anouk Philipp

„Dating Hybrids“ hat Lena Anouk Philipp ihre Ausstellung in der Artothek betitelt und tatsächlich blicken einen an den Wänden von überall her freundliche, mit der Natur verwobene Mischwesen an. Sie leben in einer Welt, die farblich mitunter an die Gemälde Marc Chagalls erinnert und von der Philipp sagt, in ihr zeigten sich fortgesponnene Lebens- und Kunstgeschichten. „Ich male intuitiv, mit Assoziationen, die wie Anfänge von Geschichten sind.“ Surrealismus sei dies aber nicht. Sie arbeite nicht mit Träumen, sondern eher mit Tagtraumlandschaften, wie in Shakespeares „Sommernachtstraum“, einer Komödie, in der den Menschen dank der Nachhilfe von Elfen entweder Eselsköpfe wachsen oder sie die Welt mit verzauberten Augen sehen.

Auch bei Philipp meint man den einen oder anderen Naturgeist zu entdecken. Ein Faun streckt einem seine gespaltene Zunge entgegen, während auf seinem Struwwelkopf eine Gurke zu wachsen scheint. Am unteren Bildrand schauen mehrere Augenlider etwas entgeistert drein. Das übrige Bild verschwimmt zu einer wolkigen grünen Insel im blassblauen Meer.

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In der Corona-Pandemie begann Philipp, das Physische mit Papierfaltern zu feiern

Auf einer anderen Tintenzeichnung liegt ein Jüngling mit angezogenen Beinen auf dem Rücken und scheint aus dem Weltall geflogene bunte Lederbälle zu fangen. Der Hintergrund ist pastellig-fleckig, in der einen Bildhälfte mit Schraffuren aufgeraut. Im Grunde ist die Stimmung durchweg heiter, wäre da nicht die kopfförmige Wucherung, die sich an die Füße des Torwarts schmiegt. Oder ist der Umhang mit bunten Karos gar kein Umhang, sondern die Zunge eines Weltraumreptils?

Die poetischen Verknüpfungen, von denen sich Philipp leiten lässt, laden wiederum die Betrachter zu eigenen Assoziationen ein. Natürlich läuft man dabei immer Gefahr, sich im Ungefähren, wenn nicht Beliebigen zu verlieren, zumal wenn das malerische Füllhorn allerlei exotische Vögel oder fliegende Fische enthält. Aber Philipp lässt es darauf ankommen, um „im Fluss“ zu bleiben, um über ihre Arbeit den menschlichen Kontakt zu bewahren. Die „Kontaktverbote“ der Corona-Pandemie hätten ihr sehr zugesetzt, so Philipp, in dieser Zeit begann sie, mit schmalen Formaten zu arbeiten und als trotzige „Feier der Physischen“ kleine Papierfalter auszuschneiden und zu bemalen.

Aus den kleinen Papierfiguren wurden bald größere Modelle, zu Mischwesen gefaltete, geknickte und gesteckte Aufsteller. Schließlich legte Philipp einen neuen Maßstab an und blies die Entwürfe zu lebensgroßen Holz- und Pappfiguren auf. Ihre erste Skulptur überhaupt, der leicht fischköpfige Prototyp, steht nun als Blickfang in der Mitte der Artothek. Aus seinen Armen wachsen Algen, es könnten aber auch Palmenblätter sein. So oder so: Aus dem getuschten Hintergrund gesägt, kommt er einem etwas verloren vor.


„Lena Anouk Philipp: Dating Hybrids“, Artothek – Raum für Junge Kunst, Am Hof 50, Köln, Di.-Fr. 13-19 Uhr, Sa. 13-16 Uhr, bis 24. August. Eintritt frei.