Kölner AuktionshausLempertz schwelgt in Gold und Silber
Köln – Mit der modernen Losung „Weniger ist mehr“ hätte man es im höfischen Paris des 18. Jahrhunderts vermutlich nicht sehr weit gebracht. Entsprechend überladen wirken die Tische auf denen das Kölner Auktionshaus Lempertz die private Sammlung des belgischen Antiquitätenhändlers Bernard De Leye ausbreitet. Reich verzierte Gold- und Silberwaren des Absolutismus sind De Leyes Spezialgebiet; wohin man blickt, begegnet einem das adlige Geschmacksdiktat vorrevolutionärer Zeiten.
Gold- und Silberwaren sind Bernard De Leyes Spezialgebiet
Man muss das mögen als Bürger des 21. Jahrhunderts und bereit sein, gewisse Vorbehalte gegen die feierliche Zurschaustellung unverdienten (oder auch nur maßlosen) Reichtums hintan zu stellen. Wer hätte die Gold- und Silberschmiede denn wohl sonst zu immer verblüffenderen Höchstleistungen treiben sollen, wenn nicht in Luxus und Standesdünkel schwelgende Kleriker und Monarchisten?
Die Frage, ob Jean-Baptiste de Machault d’Arnouville, Finanzminister am Hofe Ludwigs XV., sein Schreibzeug wirklich in einem Miniaturschiff ablegen musste, das auf spiegelglatter Silbersee dahin gleitet, stellt sich für statusbewusste Menschen vermutlich auch heute nicht. Er konnte es sich eben leisten, zu zeigen, wer er ist; das kleine Wunderwerk des Silberschmieds Thomas Germain wird von Lempertz auf 700000 bis 800000 Euro geschätzt. Trotzdem bleibt für Sammler möglicherweise eine Gewissensfrage, was sie höher bewerten wollen: die in der Moderne unerreichbar scheinende Handwerkskunst oder das historische Vorleben des Kleinods?
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Es hat eben seinen Preis, sich in die höfische Lebenswelt zurückzusehnen oder sich von ihren handwerklichen Erzeugnissen verführen zu lassen. Das gilt bei Lempertz vor allem für eine vergoldete Silberkanne mit Bassin und der Liebesgöttin Venus als Henkelfigur. Ludwig XV. machte sie seiner Mätresse Marguerite Catherine Hainault zum Geschenk, als sie durch eine vorteilhafte Ehe zur Marquise de Montmelas aufstieg. Das Kölner Auktionshaus ruft für diese königliche Liebes- oder Abschiedsgabe 1,2 Millionen Euro auf.
Allerdings enthält die exquisite Sammlung auch geradezu bürgerliche Werke und darunter sogar einige, die sich der modernen Vorliebe für zeitlos Kurioses anzudienen scheinen. So ließe sich eine infernalische Jagdszene des Malers Carl Borromäus Ruthart (auf 60000 Euro geschätzt) sehr schön mit einem vier Mal so teuren Silberpokal in Hirschform kombinieren; man könnte zu einem jadebesetzten bayrischen Bierhumpen greifen, sich vor einem silbernen Kruzifix mit dem Totenschädel Adams verneigen oder sich am eigenen Kamin an zwei Brandböcken erfreuen, auf denen Löwen und Huckepack sitzende Drachen um die Wette fauchen. Eher praktisch ist eine Kommode, die einst Maria Callas gehörte; hier bringt ausnahmsweise moderne Prominenz den Mehrwert.
„From Antiquity to Art Nouveau. The Exceptional Bernard De Leye Collection“, Kunsthaus Lempertz, Neumarkt 3, Köln. Vorbesichtigung bis 14. Juli, Auktion am 15. Juli