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Kölner Festival PassagenDesign mit Liebe zum Detail

Lesezeit 4 Minuten
Galerist Martin Bohn in der Ausstellung von Ingrid Gossner, die nicht gerne fotografiert wird.

Galerist Martin Bohn in der Ausstellung von Ingrid Gossner, die nicht gerne fotografiert wird.

Überall, wo in der Stadt die orangen Passagen-Fahnen wegen, gibt es noch bis zum 16. Januar Design zu entdecken.

Weihnachten ist vorbei, aber Wunder gibt es zum Glück auch noch im Januar. Sogar eine ganze Kammer voll – gestaltet von der Designerin Ingrid Gossner in der Kölner Galerie Formformsuche. Das Einzige, was Besucher hierhin mitbringen sollten, ist Muße. „Man muss sich Zeit dafür nehmen, die Dinge entdecken zu wollen. Mal schnell drüber gucken, mal schnell ein Handyfoto machen – das ist o.k., aber verstehen kann man dann nur einen kleinen Ausschnitt“, sagt Ingrid Gossner.

Inspiriert hat sie die Ausstellung „Museum der Museen“, die gerade im Kölner Wallraf-Richartz-Museum zu sehen ist – eine Zeitreise durch die Kunst des Ausstellens, die mit Wunderkammern begann. Dort wurden früher kostbare Kunstgegenstände neben seltenen Naturobjekten und Kuriositäten aus aller Welt gezeigt.

Daran erinnerte sich Ingrid Gossner, als es darum ging, ihre Arbeiten im Rahmen des Design-Festivals Passagen auszustellen. Die Vorstellung einer Wunderkammer passte zu dem kleinen Raum im Eingang der Galerie. Im ersten Stock gibt es noch eine große Ausstellungsfläche - dort sind zurzeit unter anderem Holzbänke und -leitern des Schweizer Künstlers Andres Bally zu sehen. „Meine Sachen einfach dazwischen zu zeigen, fand ich irgendwie unpassend. Und ich mache ja tatsächlich auch viele kleine Sachen. Insofern fand ich das eine interessante Idee, einen so kleinen Raum mit meinen Arbeiten zu füllen.“

Man muss sich Zeit dafür nehmen, die Dinge entdecken zu wollen
Ingrid Gossner

Die Schau „Kabinettstücke“ war für sie auch eine Reise in Ihre Vergangenheit. Unter anderem in die 1980er Jahre, als sie Schmuck entworfen hat. Später kam dann die Gestaltung von Innenräumen dazu und eine Kollektion von Türklinken. Im Moment interessiert sich Ingrid Gossner für das Thema Gärtnern.

„Ich werde sehr oft gefragt: Was macht die Ingrid eigentlich? Und durch diese Ausstellung habe ich mir wieder ein ganz neues Bild von ihr machen können“, erzählt Galerist Martin Bohn. „Meine Antwort ist immer: Sie hat Schmuckdesign studiert, und ist mit allen Projekten Perfektionistin. Egal ob Inneneinrichtung oder Botanik.“ „Was Du Perfektionismus nennst, ist für mich die Idee, ein Thema zu durchdringen. Und wirklich in allen Ecken ausgelotet zu haben. Und dann bin ich wieder offen für was Neues“, antwortet Ingrid Gossner.

Von Ihrer Lust, die Dinge zu durchdringen, zeugen auch ihre Mikrofotografien von Pflanzen in einem allerfrühesten Lebensstadium: der Moment, in dem der Keim die schützende Hülle des Saatkorns verlässt. Während der Corona-Zeit, erzählt Ingrid Gossner, bekam sie ein Stipendium der Kunststiftung NRW. „Als davon noch Geld übrig war, habe ich mir eine Mikroskop-Kamera gekauft und angefangen, damit rumzuspielen. Und mich gefragt: Wo genau kommt die Wurzel aus den Samen?“ Also legte sie Samen auf feuchtes Küchenpapier in Petrischalen. Und schaute morgens als erstes, ob schon etwas zu sehen ist. Aus diesen Experimenten ist eine ganze Serie mit Fotografien entstanden.

Faszination für das Feine, Filigrane und die Funktion

Die Faszination für das Feine, Filigrane, aber auch Ihr Interesse für die Funktion - das alles spiegelt sich auch in Ingrid Gossners Schmuck wider. Sie habe sich nie besonders für Schmuckstücke als Dekoration interessiert, erzählt sie. Viel spannender findet sie die Mechanik. Ein Stiefkind des Schmuckdesigns - wie man an den Standard-Verschlüssen klassischer Ohrstecker sehe. „Wenn ich anfange, mich damit zu beschäftigen, orientiere ich mich nicht daran, was Goldschmiede machen. Sondern ich frage mich: Wie wird das in anderen Bereichen gelöst? Und gucke mir zum Beispiel Türbeschläge oder Automobiltüren an.“

Ein Festival, das floriert und expandiert

Die Passagen entstanden einst als Begleitprogramm zur Kölner Möbelmesse. Aber mit deren Ausfall in diesem Jahr zeigt sich, dass sie längst ein eigenständiges Festival sind, das floriert und expandiert. Martin Bohn freut sich sehr darüber: „Eine riesengroße Chance für Köln!“.

Er ist mit seiner Galerie zum ersten Mal in der 35-jährigen Geschichte der Passagen dabei – denn traditionell öffnen für das Festival Möbelhäuser und Designer die Türen ihrer Läden. Doch das Programm „Cartes Blanches“ zeigt nun auch künstlerische Positionen von nachhaltig arbeitenden Kölner Designern und Designerinnen. Möglich macht das eine Förderung von Köln-Business - einer Tochtergesellschaft der Stadt. Nur dank dieses Programms könne es auch Ausstellungen wie die von Ingrid Gossner geben, betont Bohn.


Die Passagen 2025 finden bis 16. Januar im gesamten Kölner Stadtgebiet statt. Die Ausstellung Kabinettstücke von Ingrid Gossner ist in der Galerie Formformsuche am Filzengraben 22 zu sehen, Fr. bis Do. von 12 bis 18 Uhr. Das gesamte Passagen-Programm gibt es hier: www.voggenreiter.com/passagen2025/