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Kölner KinderoperLangeweile statt Leidenschaft bei „Romeo und Julia“

Lesezeit 3 Minuten
Romeo und Julia, Kinderoper Köln, Premiere: 24.2. 2024
zu sehen sind: Emanuel Tomljenović, Maria Koroleva

Emanuel Tomljenović, Maria Koroleva in „Romeo und Julia“ in der Kölner Kinderoper

„Romeo und Julia“ wird wohl kaum eine Opernbegeisterung beim jungen Publikum triggern. Unsere Kritik.

Befindet sich das Publikum irgendwie auf der falschen Veranstaltung? Boris Blachers 1943 (auf ein eigenes Libretto nach Shakespeare und August Wilhelm Schlegel) komponierte Oper „Romeo und Julia“ ist schließlich keine Kinder-, sondern eine „Kammeroper“. Trotzdem ist es die Kölner Kinderoper, die das Stück jetzt im Saal 3 des Staatenhauses auf die Bühne bringt. Irrtum vom Amt? Nein, im Programmheft wird, abweichend vom Gewohnten, als Mindestalter für Besucher 13 Jahre angegeben.

Klar, der Tragödienplot mit Hass, Feindschaft und einem toten Liebespaar am Ende dürfte Sechs- oder Achtjährigen auch kaum zuzumuten sein. Unabhängig davon bleibt die Frage, ob man mit diesem Werk in dieser Aufbereitung unter Jugendlichen Opernbegeisterung triggern kann. Tatsächlich sind da – leider – Zweifel angebracht, die auch der Beifall für die Premiere nicht tilgen kann.

Brigitta Gillessens Inszenierung lässt den Zuschauer emotional unbeteiligt

Anders als das Original funktioniert Blachers Bearbeitung wie Episches Theater, es gibt hier einen Erzähler und einen kommentierenden Chor. Brigitta Gillessens reduktionistische Inszenierung betont diese Disposition noch, so gibt es etwa auf der von Jens Kilian erstellten kargen Bühne mit Zitaten von Palastarchitektur und Friedhof einen Brecht-Vorhang. Brechtisch mutet auch die Distanz zwischen den Darstellern und ihrer jeweiligen Rolle an. Gerade dies aber funktioniert im vorliegenden Fall nicht richtig gut – wobei sich Blacher und Gillessen die „Schuld“ teilen müssen.

Dass gerade die Liebesbeziehung immer wieder (etwa in der Balkonszene) gestisch gefriert, Einfühlung und Empathie also konsequent ausgebremst werden, schädigt die Wirkung der Produktion erheblich. Sie lässt den Zuschauer emotional unbeteiligt, und die eher lyrische, jedenfalls undramatische Anlage des Ganzen stiftet sogar eine einigermaßen ordinäre Langeweile. Da sind dann 70 Minuten noch zu lang.

Das ist gerade für die Darsteller schade, die, modern gewandet, weithin ihr Bestes geben. Dies gilt zumal für die Titelpartien: Maria Koroleva als Julia wartet mit so klangschönem wie durchsetzungsfähigen Sopran auf, Emanuel Tomljenovic als Romeo mit potent-unangestrengter wie geschmeidiger Tenorstimme. Auch die Kollegen (Ruth Häde, David Howes, Maike Raschke, Tina Drole, Ramon Mundin und William Socolof) geben keinen Anlass zu Beanstandung.

Und gerade die Ensemblenummern sind immer wieder für vokale Glanzstücke gut. Dabei reißt einen auch Blachers Musik, vom Gürzenich-Orchester unter Luca Marcossi immerhin rhythmisch knackig und klangfarblich pointiert serviert, nicht gerade vom Hocker. Stärker noch negativ zu Buche als die vorwaltende Atonalität fällt das Fehlen von melodischer Griffigkeit.

Die Kölner Kinderoper muss sich über all dem nicht grämen. „Romeo und Julia“ ist – als Experiment, das nicht geklappt hat – eine kleine Delle in einer langen Geschichte konstant glanzvoller Produktionen. Nicht weniger, aber auch nicht mehr.