Die Kölner Künstlerin Sarah Kürten verbindet Bilder und Lyrik zu leuchtenden Collagen und nimmt damit die Reichen und Schönen aufs Korn.
Kölner Künstlerin Sarah Kürten in der ArtothekMit leuchtenden Collagen gegen eine Scheinwelt
Manchmal entpuppen sich selbst unsere innigsten Wünsche als eine Illusion. So etwa der Kindheitstraum vieler Mädchen, Ballerina zu werden. Das Foto einer jungen Tänzerin ziert das Plakat zur aktuellen Einzelausstellung der Kölner Künstlerin Sarah Kürten in der Artothek. Kürten überträgt das Bild der Ballerina auf die Kunstwelt. Auch der Traum Künstlerin zu werden, erfordert viel Hingabe, Durchhaltevermögen und nicht zuletzt die Bereitschaft gerade zu Beginn der Kunstkarriere in prekären Verhältnissen zu leben.
„Careful what you wish for“, so der Titel der Ausstellung, fragt auch danach, was uns überhaupt als begehrenswert erscheint. Teure Markenprodukte etwa, mit denen wir uns selbst einen gewissen Status zuschreiben können? Sarah Kürten platziert solche Symbole immer wieder - mal subtil, mal offensiv - in ihren Bild- und Textcollagen, die in dieser Ausstellung durch Lichtrahmen zum Leuchten gebracht werden.
Sarah Kürten lässt zwei Welten aufeinandertreffen
Ging es in ihren vergangenen Schauen noch vornehmlich um Generationenfragen, dreht sich diese um die Unterschiede, aber auch Schnittmengen verschiedener sozialer Gruppen. Was passiert eigentlich, wenn Künstlerinnen und Künstler auf die Menschen treffen, die ihre Kunst kaufen? Das Interesse an der Kunst verbindet sie ganz offensichtlich. Legt man jedoch andere Maßstäbe an und schaut etwa auf Einkommen und Lebensstil, so prallen nicht selten Welten aufeinander.
„This is a private house full of luxury - the job is necessary“, liest man in weißer Leuchtschrift auf einem ihrer Textwerke. In diesen wechselt sie ständig die Seiten, stellt die Gedanken und Sorgen der Reichen und Schönen denen der Kunstschaffenden gegenüber. Während die einen darüber sinnieren, welches Restaurant das bessere ist, müssen die anderen ihren Lebensunterhalt nicht selten durch Nebenjobs finanzieren. Diese wirtschaftliche Notwendigkeit steht dabei häufig im Kontrast zum eigenen künstlerischen Schaffen und Anspruch.
Leuchtende Collagen
Für eine ihrer Bildcollagen dekonstruierte Sarah Kürten ein Wohnungsinserat: neun Quadratmeter in New York, eine bessere Besenkammer, für umgerechnet 3000 Euro Miete im Monat. Die Fragmente dieser Anzeige kombinierte sie mit dem Bild von Austern, einem iPhone, einer Luxus-Mundspülung und einer Klopapierrolle.
Auf einem anderen, zweiteiligen Werk ist je ein Mops zu sehen, eingewickelt in eine Designerdecke. Mit seinen hervorquellenden, runden Augen guckt einen das Tier an. Man ist sich nicht ganz sicher, ob süß, dumm oder vorwurfsvoll. Dazu gesellen sich ein Negroni-Glas, eine Kassenrolle und ein gelbgrüner Vorhang. Die beiden Bilder scheinen auf den ersten Blick ähnlich, doch eine Version unterlag einiger Eingriffe. So wird der Vorhang im zweiten Bild von einer überdimensionierten Hand bei Seite geschoben und die Augen des Hundes mit einem Balken zensiert.
Bild und Text bilden eine untrennbare Symbiose
Ihre Collagen in Plakatgröße druckt sie nicht als Ganzes, sondern als einzelne DIN-A4-Blätter mit einem handelsüblichen Drucker und klebt sie dann wieder zusammen. Daraus ergibt sich ein subtiles, die Bildstruktur durchkreuzendes Raster. Ihre Ästhetik, geprägt von gedeckten, pastelligen Farben und sich davor abhebenden schwarzen Motiven erinnert an die Anfänge der Werbefotografie. So wirken ihre Arbeiten, die sich über die hohen Wände des offenen Raumes der Artothek verteilen, mal hoch, mal niedrig, mal einzeln, mal gruppiert gehängt auf den ersten Blick wie Leuchtreklamen.
Doch pinke und schwarze Kabel hängen von den Rahmen herunter, verknäulen sich am Boden zu einem ganzen Netzwerk – ein gewollter Störfaktor, der Offenlegung ihres Arbeitsprozesses dienend. Das Prozesshafte soll sichtbar bleiben und grenzt ihre Kunst zugleich deutlich vom glatt polierten Erscheinungsbild der Werbeindustrie ab.
Bild und Text bilden bei Sarah Kürten eine untrennbare Symbiose. Das Fragmentarische und Assoziative ergibt das Gesamtbild, nie ganz vollständig, erst recht nie perfekt. Damit setzt sie der funkelnden Scheinwelt, die sie auf sympathische Art und Weise aufs Korn nimmt, ein Stück Glaubwürdigkeit entgegen.
„Careful what you wish for“, Sarah Kürten in der Artothek Köln, Di-Fr 13-19 Uhr, Sa 13-16 Uhr, bis 2. März.