In der Kölner Philharmonie zeigten Valer Sabadus und Ana Quintans bei barocken Arien und Duetten feines Stilgefühl. Die Concerti und Ouvertüren von Vivaldi und Händel hätten aber mehr Biss vertragen.
Kölner PhilharmonieDen Liebesduellen fehlt der Biss
Trotz Defizits an zentraler Stelle waren den Kastraten in der Barockoper traditionell die Liebhaber-Rollen zugeteilt. Die Männer mit den hohen Stimmen mochten mächtige Herrscher oder tapfere Krieger darstellen - im Duett mit ihrer jeweiligen Herzensdame sorgte die Nähe der Stimmlagen für jene wundersame Verschmelzung der Timbres, die alle männliche Dominanz und Aggression in Harmonie und strömenden Wohlklang auflöste.
Die portugiesische Sopranistin Ana Quintans und der deutsch-rumänische Countertenor Valer Sabadus führten diese klingenden Utopien der Geschlechterbeziehung in der Philharmonie anschaulich vor. Besonders Georg Friedrich Händels kunstvoll komponierte Duette boten hier ein reiches Betätigungsfeld: In „Scherzano sul tuo volto“ aus „Rinaldo“ umgarnten die beiden einander in delirierenden Parallel-Koloraturen; in „Cara/Caro, ti dono in pegno il cor“ aus „Teseo“ zierten sie das eröffnende „Cara/Caro“ so exzessiv aus, dass die wechselseitige Gunstbezeugung fast in Ironie umkippte.
Kölner Philharmonie mit „Duello amoroso“
Valer Sabadus, der weltweit gefeierte Countertenor, ist alles andere als ein vokaler Macho. Das Weiche, Zärtliche liegt seiner Stimme wie seiner Künstlerpersönlichkeit weitaus mehr; und wenn er sich tatsächlich einmal über die vermeintlich ungetreue Geliebte erzürnte („Qual tigre e qual megera“ aus Händels „Teseo“), dann brachen die leicht verhangenen Vokalfarben dem Furor deutlich die Spitzen. Ana Quintans führte sich bei ihrem Philharmonie-Debüt durch Beweglichkeit und subtile Linienformung bestens ein. Im Verbund mit dem Kollegen wirkte sie kühler, konkreter, fokussierter - was vor allem in einem Duett aus Johann Adolf Hasses „Artaserse“ ein reizvolles Spiel von Eros und Macht ergab.
Zu der Barockgala unter dem beziehungsreichen Titel „Duello amoroso“ war ein nicht besonders großes, aber offenkundig sehr spezifisch interessiertes Publikum erschienen, das die Virtuosität und das feine Stilgefühl des Duos sehr zu schätzen wusste. An den Pulten saß das italienische Barockensemble Concerto de’Cavalieri, das unter Leitung von Marcello Di Lisa eine entspannt fließende, zuweilen etwas nachgiebige Musizierweise pflegte. Den eingestreuten Concerti und Ouvertüren von Vivaldi und Händel hätten ein wenig mehr Biss und Kante sicher nicht geschadet.