Im Mediapark wurden zum 33. Mal die Kölner Tanz- und Theaterpreise vergeben. Wir stellen die Gewinner des Jahrgangs 2022 vor.
Kölner Tanz- und TheaterpreiseEs geht um Leben und Tod
Für Regisseur Daniel Schüßler ist es bereits die dritte Auszeichnung im Rahmen der 33. Kölner Tanz- und Theaterpreise: Am Montagabend gewann die Inszenierung „Camping Paraíso** – Über das (Sterben) Leben“ seines Analog-Theaters den mit 10 000 Euro dotierten Kölner Theaterpreis. Den hatte Schüßler bereits 2017 erhalten und vor zwei Jahren zudem den Kurt-Hackenberg-Preis für politisches Theater.
Das Stück basiert auf Interviews mit dem Essener Comedy-Autor Dirk Roß, der nach einem Verkehrsunfall fast ein Jahr lang im Koma lag. Vom 8. bis zum 11. Dezember wird das Stück noch einmal im Orangerie-Theater zu sehen sein.
Ulrike Westhoff lobte für die Jury die eindrückliche Auseinandersetzung mit dem Leben und Sterben. Die Produktion zeige aber auch, „wie hervorragend die Mittel des Theaters sich eignen, unter die Oberfläche zu blicken und wie Empathie und Hoffnung vermittelt werden können, wenn man sich zuhört“.
Nach zwei Jahren kann die Preisgala wieder vor Publikum stattfinden
Tatsächlich hatte das „Camping Paraíso“-Projekt ein Jahr zuvor pandemiebedingt als Film begonnen, bevor es den Weg zurück zur Bühne fand. Den Tanz-und Theaterpreisen ging es nicht viel anders: Nach zwei Jahren im Streaming-Exil konnten Norbert Minwegen, Geschäftsführer der SK Stiftung Kultur, und die Schauspielerin Aischa-Lina Löbbert nun endlich im Mediapark vor Publikum durch die Gala führen.
Auf der es noch einige Preise zu vergeben gab: Der Kinder- und Jugendtheaterpreis (5000 Euro) ging an das von Hannah Biedermann gegründete Ensemble pulk fiktion für „Robin und die Hoods“, Regie führte Marcus Thomas. „Rebellisch, anders, heutig“ sei die Produktion, lobte Jury-Mitglied Bianca Lenhard, nur die Frage, die hier verhandelt wird, ist so alt wie die Menschheit: Wie geht Gerechtigkeit? Am 15. Dezember feiert die neueste Produktion von pulk fiktion, „Der Schnee von gestern“, Premiere im Freien Werkstatt-Theater.
Über den Kölner Tanztheaterpreis (ebenfalls 5000 Euro) kann sich Sonia Frankens und Gonzalo Barahonas El Cuco Projekt freuen. In ihrer Performance „Captcha“ tragen die Tänzer und Tänzerinnen hyperrealistische Fledermausmasken, verwischen die Grenze zwischen menschlicher, tierischer und künstlicher Intelligenz. „Captcha“ wird im kommenden Februar noch einige Male im Kunsthafen Köln zu sehen sein.
Das Kölner Theaterkollektiv Futur 3 erhält den Ehrenpreis
Auch der Darstellerpreis (3500 Euro) geht diesmal an eine Tänzerin: Lisa Kirsch ist häufig in den Stücken von Emanuele Soavi zu sehen, überzeuge durch ihr hohes tänzerisches Niveau und stets, würdigten die Jurorinnen Melanie Suchy und Claudia Steinberg, meine man ihr die Freude an der Herausforderung anzusehen. Die „leise, beseelte Ausstrahlung und souveräne Grundgestimmtheit“ der jungen Schauspielerin Brit Purwin wurde mit dem Nachwuchspreis „Puck“ (2500 Euro) belohnt.
Den mit 5000 Euro dotierte Kurt-Hackenberg-Preis für politisches Theater, der Preis der Freien Volksbühne Köln, erhält das ungewöhnliche Projekt von intakt e.V. „Colonia on Ice – Pirouetten, Kolonialkritik, weiße Tränen“ von Karin Frommhagen, Azizè Flittner, Lionel Somé und Philine Velhagen. Laut Jury war die antirassistische Eisrevue ein „eindrückliches, immersives Erlebnis“ und „politisches Theater par excellence.“
Bereits im Vorfeld bekannt war der Gewinner des Kölner Ehrentheaterpreises (2600 Euro), er wurde wie immer von den ehemaligen Preisträgerinnen und Preisträgern ausgewählt: Das 2003 von André Erlen und Stefan H. Kraft gegründete Theaterkollektiv Futur 3 gehe genau da in die Tiefe, wo andere Medien an der Oberfläche surfen, begründete die Jury. „Die Kraft und Vision dieses Kollektivs sind es, mit Theater unbekannte Welten und Visionen zu erschließen und neue Bewusstseinsebenen zu erspielen, die eine unglaubliche Bereicherung darstellen.“
Auch Futur 3 gehören zu den guten Bekannten der Kölner Tanz- und Theaterpreise: Das Kollektiv wurde bislang zweimal mit dem Kölner Theaterpreis und viermal mit dem Kurth-Hackenberg-Preis ausgezeichnet. Im Juni 2022 gewann Futur 3 noch dazu den Theaterpreis des Kunstsalons.
Die aktuelle Futur 3-Produktion „Die Revolution lässt ihre Kinder verhungern“ feierte im November im Schauspiel Köln Premiere, Ende Februar 2023 wird sie im Orangerie-Theater zu sehen sein.