Kommentar zum Aus für sechs KinderbücherDr. Seuss wird nicht gecancelt
New York – Theodor Seuss Geisel legte sich schon als Student den titelanmaßenden Künstlernamen Dr. Seuss zu und veröffentlichte unter diesem mehr als 60 gereimte und gezeichnete Bücher, die in englischsprachigen Ländern bis heute zur Lust- und Pflichtlektüre aller Erstleser gehören.
Entsprechend groß war die Aufregung, als Dr. Seuss Enterprises – der gute Doktor ist 1991 mit 87 Jahren gestorben – jetzt erklärt hat, sechs dieser Bücher künftig nicht mehr zu veröffentlichen.
Rassistische Klischees
Warum? Weil in ihnen „Menschen auf eine Art und Weise dargestellt sind, die verletzend und falsch ist“. Es handelt sich um rassistische Klischees – chinesische Charaktere mit Strichen statt Augen, afrikanische Männer in Baströcken – die einst so weit verbreitet waren, dass sie kaum als rassistisch wahrgenommen wurden. Von weißen Lesern, wohlgemerkt.
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Auf Fox News und anderen rechten Kanälen sorgte die Meldung für große Aufregung. Erst Disney, dann die Muppets und nun Dr. Seuss: Die Cancel Culture, klagten die Kommentatoren, kenne kein Maß mehr. Dabei hat doch niemand etwas verboten. Und Dr. Seuss wird auch nicht gecancelt.
Im Gegenteil: Dr. Seuss Enterprises will das Erbe von Amerikas beliebtestem Kinderautor bewahren. Ideell wie finanziell: Allein 2020 spielten Dr. Seuss-Bücher 33 Millionen Dollar ein. Würden sie als so toxisch gelten, wie hierzulande „Der Struwwelpeter“, wäre das bald vorbei, und das wäre schade.
Der Grinch, der Lorax und Horton, der ein Hu hört, sollten für alle Kinder da sein. Nicht nur für solche, deren Eltern es für ihr kulturelles Vorrecht halten, sich über alle anderen Kulturen lustig zu machen.