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Kommentar

Kommentar zum ChatGPT-Springer-Deal
Ist „Bild“ lesen besser als halluzinieren?

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Lesezeit 2 Minuten
06.12.2023, USA, West Chester: Ein Logo von ChapGPT, offizielle App von OpenAI ist auf einem Smartphone zu sehen. ChatGPT war der Katalysator für ein Jahr voller KI-Fanfaren. Der Chatbot vermittelte der Welt einen Eindruck von den jüngsten Fortschritten in der Informatik, auch wenn nicht jeder herausfand, wie er funktioniert oder was man mit ihm machen kann. Foto: Matt Rourke/AP +++ dpa-Bildfunk +++

ChatGPT hat einen Deal mit Axel Springer geschlossen

Axel Springer verkauft Inhalte an ChatGPT. Ist das die Zukunft des Internets?

Bislang hatte ChatGPT gegenüber Google einen entscheidenden Nachteil: Der Künstliche-Intelligenz-Chatbot von Open AI operiert in einer abgeschlossenen Vergangenheit, das Wissen, das er auf die Fragen der Nutzenden hin ausspuckt, hat ein Ablaufdatum. Derzeit liefert ChatGPT keine Informationen über Ereignisse, die nach April 2023 geschehen sind.

Jetzt ist OpenAI eine globale Partnerschaft mit Axel Springer eingegangen. Künftig wird ChatGPT in Echtzeit mit Inhalten von Springer-Marken gefüttert, darunter „Politico“, „Business Insider“ sowie „Bild“ und „Welt“ — auch den sonst kostenpflichtigen. OpenAI wird die Inhalte auch nutzen, um seine Large Language Models zu trainieren, also von KIs, die Sprache über Mustererkennung verstehen und erzeugen können. Um den naheliegendsten Witz aus dem Weg zu schaffen: Eine KI, die von der „Bild“-Zeitung sprechen lernt, wollen wir das?

Warum sollte Axel Springer gegen sein Geschäftsmodell handeln?

Die interessantere Frage ist eine andere: Warum sollte Springer seine Inhalte an eine Maschine veräußern, die sein Geschäftsmodell bedroht? Die simple Antwort lautet vermutlich: Weil OpenAI dafür bezahlt, während es sich bei anderen Verlagen mutmaßlich einfach so bedient. ChatGPT wird Antworten, bei denen es Springer-Content zurate zieht, zudem mit Quellenangaben und Links zu den Artikeln versehen. Insofern: smarter Move.

Andere Verlage und Sender wie die „New York Times“, ABC, Bloomberg und der „Guardian“ hindern ChatGPT bislang daran, ihre Inhalte aufzusaugen. Unter dem Aspekt der politischen Balance wäre es freilich wünschenswert, würden viele Häuser vergleichbare Deals mit OpenAI abschließen. Aus User-Sicht ist sowieso alles besser, als die Halluzinationen, mit denen der Chatbot Wissenslücken füllt.

Wo führt das hin? Werden wir an Stelle eines buchstäblich vielseitigen Internets demnächst nur noch die Benutzeroberfläche der KI sehen, beziehungsweise mündlich mit ihr kommunizieren? Und wenn auf unsere Fragen hin Inhalte fließen, als hätte man einen Content-Hahn geöffnet, wer kontrolliert dann die Wasserqualität?