Krieg in der UkraineWie rassistisch berichten die Medien über Kriegsflüchtlinge?
Köln – Ein Kriegskorrespondent spricht davon, dass Kiew eine „relativ zivilisierte, relativ europäische Stadt“ sei, etwa im Vergleich zu Kabul oder Bagdad. Ein Experte betont im Fernsehen, wie sehr es ihn rühre, Europäer „mit blonden Haaren und blauen Augen“ sterben zu sehen. Ein Talkshow-Gast vermutet, dass die Integration der ukrainischen Kriegsflüchtlinge gelingen werde, weil sie uns so ähnlich seien.
Flüchtinge mit blonden Haaren und blauen Augen
Dies ist nur eine kleine Blütenlese live gesendeter Meinungen, bei denen man den Eindruck gewinnen kann, es werden Kriegsflüchtlinge nach rassistischen Kriterien bewertet. Ein willkommener Flüchtling entspricht demnach einem imaginären „wir“ (blond, weiß, christlich, zivilisiert). Wer aus den syrischen oder afghanischen Kriegsgebieten kommt, wird allenfalls geduldet.
Es mag sich dabei um Einzelfälle oder „Ausrutscher“ handeln; ein US-Korrespondent hat sich mittlerweile für seine Äußerungen entschuldigt. Aber auch jenseits des Rassismus-Vorwurfs bleibt die Frage, ob „wir“, also beispielsweise die Mehrheit der Deutschen, uns den ukrainischen Kriegsflüchtlingen näher fühlen, als den sicher nicht weniger schutzbedürftigen syrischen? Auch im Nahen Osten führt Putin einen blutigen Krieg, als Verbündeter des Diktators Baschar al-Assad.
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Die Antwort auf diese Frage kann durchaus „Ja“ lauten, ohne dass man zwangsläufig rassistische Motive darin vermuten muss. Die emotionale Nähe lässt sich auch geografisch begründen: Bei außereuropäischen Kriegen fällt es uns leichter, sie von uns wegzuschieben, und seien sie noch so empörend und abstoßend, wie etwa der Krieg im Jemen. Moralisch rückt uns das in kein gutes Licht. Aber die ethische Indifferenz wächst eben oft genug mit der in Kilometern gemessenen Distanz. Etwas berührt mich nicht, weil es mich nur als fernes Grollen erreicht.
Genau das ist beim Ukraine-Krieg anders. Er findet gleichsam vor unserer Haustür statt, und niemand weiß derzeit zu sagen, wie nahe uns der Geschützlärm noch kommen wird. Auch bei dieser Bewertung spielen möglicherweise irrationale „Urängste“ gegenüber Russland eine Rolle. Es bleibt freilich moralisch unverdächtig, den Putin des Jahres 2022 einen Kriegstreiber zu nennen.