Festivalchef Osnowski hält an Termin fest„Eine fast schon normale lit.Cologne“
Herr Osnowski, die Leipziger Buchmesse wurde kürzlich für 2021 abgesagt. Sie war zur selben Zeit wie die lit.Cologne geplant. Da drängt sich die Frage auf, ob das Festival stattfinden wird.
Eins der Unwörter des Jahres ist ja Stand heute. Das will ich vermeiden. Unsere Planungen sind – wie bei allen anderen – auf Sand gebaut. Ob der sich dann zu Zement verfestigt, weiß man noch nicht. Aber wir brauchen dringender denn je den öffentlichen Diskurs. Und der muss auch über Kultur vermittelt werden. Wir gehen davon aus, dass es fast schon zwingend ist, im Mai und Juni Veranstaltungen anbieten zu dürfen.
Die lit.Cologne wird also 2021 stattfinden?
Wir haben entschieden, dass es wichtig ist, uns nicht wegzuducken. Wir können im Moment vor allem das Zeichen nach außen senden: Wir werden alles dafür tun, Kultur im öffentlichen Raum zu präsentieren, das sehen wir als gesellschaftspolitischen Anspruch. Wenn es aufgrund des Infektionsgeschehens nicht anders geht, machen wir es eben weitgehend digital. Aber jetzt schon die Segel zu streichen, wäre das falsche Signal.
Und wie soll das Festival dieses Jahr aussehen?
Wir planen eine fast schon normale lit.Cologne mit der Neuerung, dass wir digital sehr präsent sein werden. Weil Schulen sicher noch keine Ausflüge zulassen werden, gehen wir digital in die Schulen mit über 50 digitalen Veranstaltungen, manche aus einem Studio heraus. Ansonsten gibt es Veranstaltungen mit Publikumsbeteiligung unter beschränkten Platzkapazitäten und einem Stream. Wir müssen aufgrund der Vorgaben, die es sicher auch noch Juni in der ein oder anderen Form geben wird, mit einer geringeren Besucherzahl rechnen. Aber wir wollen die Fahne der Kultur hochhalten und zeigen, dass diese durchaus systemrelevant ist.
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Wie reagieren die angefragten Gäste auf Ihre Planungen?
Es ist interessant, dass wir bei allen Ideen und Anfragen nicht einmal erlebt haben, dass potenzielle Gäste uns gesagt haben, sie kommen nicht, wenn es analog ist. Im Gegenteil: Viele wollen nur kommen, wenn es vor Publikum stattfindet. Sie brauchen diesen Kontakt, diese Auseinandersetzung.
Aber viele werden ja gar nicht anreisen können.
Wir stehen vor der Herausforderung, ein Programm zu verwirklichen, das stattfindet, ohne dass ein Großteil der Autorinnen und Autoren aus Übersee live auf der Bühne hier in Köln zu haben. Sie sollen rein digital präsentiert werden. Wie das Verhältnis zwischen analogen und digitalen Veranstaltungen sein wird, können wir noch nicht sagen, aber wir gehen von etwa 40 Prozent digitaler, beziehungsweise hybrider Veranstaltungen aus.
Wie groß wird das Festival im Vergleich zu den Vorjahren werden?
Wir werden ein paar Veranstaltungen weniger haben, aber nicht sehr viel weniger, weil wir tatsächlich das Festival in der gesamten Breite anbieten wollen mit Nachwuchsautoren, dem Debütpreis, den großen deutschen Autoren, Themenabenden zu aktuellen politischen Themen – so wie man die lit.Cologne kennt. Und wir werden im Sachbuchbereich auch nicht nur über Corona reden, sondern auch über Themen wie die Flüchtlingskrise und den Klimawandel. Diesen Fragen stellen wir uns wie in allen Jahren zuvor. Jeder soll sagen: Das ist ein richtiges lit.Cologne-Programm.
Und wie sehen Ihre finanziellen Planungen aus?
Dass wir die lit.Cologne 2021 überhaupt planen können, haben wir drei Säulen zu verdanken. In erster Linie der großen Solidarität unseres Publikums, von dem knapp 38 Prozent seine Karten nicht zurückgegeben haben. Zudem sind unsere Sponsoren und alle Stiftungen an unserer Seite geblieben. Das ist ein Wahnsinnspfund. Und dann kommt als dritte Säule dazu, dass der Rat der Stadt beschlossen hat, uns 2021 im Bereich der Digitalisierung und der Entwicklung neuer Formate zu unterstützen. Wir werden bis zu 500 000 Euro erhalten. Das gibt uns die Sicherheit, das Festival auch unter diesen mehr als herausfordernden Bedingungen realisieren zu können.
Was soll denn digital über gestreamte Veranstaltungen hinaus passieren?
Wir werden eine Mediathek aufbauen können, die die lit.Cologne noch mal anders in die Welt bringt. Auch vor dem Hintergrund der Klimakrise und der Frage, ob man so viel fliegen sollte, kann man in Zukunft überlegen, ob man Autoren etwa aus den USA digital zuschaltet, mit einem Moderator vor Ort und einem Schauspieler, der die deutschen Texte liest. Wir werden da vieles ausprobieren.