Poesie, Pop und PolitikDas Programm der 19. lit.Cologne
Köln – Neu ist diesmal etwas Altes: Die lit.Cologne legt zwei Erfolgsprogramme der Vergangenheit noch einmal auf. Zum einen geht es um eine Schwärmerei für Mark Twain, zu der Jan Josef Liefers, Axel Prahl und Paul Ingendaay bereit sind; zum zweiten präsentieren Mariele Millowitsch und Walter Sittler einen Abend, den sie eben erst bei der lit.Cologne-Spezial angeboten haben: „Alte Liebe rostet nicht“. Damit wolle das Festival, sagt Rainer Osnowski, einer der drei Geschäftsführer, den Wünschen des Publikums entsprechen.
Die lit.kid.Cologne
Das Kinder- und Jugendprogramm des Festivals, die lit.kid.Cologne, ist nach Ansicht von Rainer Osnowski von der Festivalleitung das „Herzstück“ der Lesetage. Es wird wie immer entscheidend von der Imhoff-Stiftung unterstützt.
Ein Kernstück der lit.kid sind erneut die Klassebuch-Lesungen. Doch auch die 2017 eingeführte Reihe „Schüler für Schüler“ habe sich bewährt, sagt Angela Maas von der Programmleitung: Schüler wirken aktiv mit bei der Programm-Präsentation. Im neuen Jahrgang sind drei Schulen beteiligt.
Fast 100 Termine für Leser zwischen 4 und 15 Jahren bieten viel Frisches und manch „Klassisches“ von Andersen bis Kästner. Auch die Themen Künstliche Intelligenz, Rassismus, Magersucht und NS-Zeit kommen vor. (M. Oe.)
Abgesehen von dieser Novität bleibt es beim 19. Mal – nämlich vom 19. bis 30. März 2019 – bei der bewährten Traditions-Mischung. Zu der gehören Ernst und Heiterkeit, Poesie und Politik, Fußball, Pop und Gaumenfreuden. Die lange Liste der Autoren wird angeführt vom Briten Julian Barnes, der nur für diesen Kölner Auftritt die Insel verlässt. Sein Roman „Die einzige Geschichte“ erzählt von der Liebesbeziehung zwischen dem 19-jährigen Paul und der fast 30 Jahre älteren Susan. Kann das gutgehen? Weitere Literaten sind Francesca Melandri (mit Husch Josten), Michael Lentz, Simon Beckett (mit Gerd Köster), Anne Gesthuysen, William Boyd, Judith Schalansky (mit ihrem faszinierenden Verluste-Buch), Ferdinand von Schirach, Patricia Melo, Kamel Daoud, Clemens J. Setz, John Niven, Donna Leon, Abbas Khider, Ingrid Noll, Volker Kutscher (mit der großartigen Illustratorin Kat Menschik), Mariana Leky (die Bestseller-Autorin stellt Peggy Mädler vor), Martin Suter, Hanns-Josef Ortheil, John Lanchester, Tom Hillenbrand, Tana French (mit Ulrich Noethen), Camilla Läckberg, Jochen Schmidt (einst mit „Schneckenmühle“ Gast beim „Buch für die Stadt“), A. L. Kennedy, Marion Brasch, Feridun Zaimoglu. Aber das sind längst nicht alle Mitwirkenden. Dass auch 13 Krimiautoren darunter sind, wurde bei der Pressekonferenz im Schokoladenmuseum – wohl mit Blick auf die Crime.Cologne – gleich zweimal betont.
Viele Angebote zu Themen der Zeit
Im Sachbuchbereich gibt es viele Angebote zu Themen der Zeit – zu Rassismus, Mutterschaft, ökologischer Krise oder den NSU-Prozessen (deren Protokolle im Kunstmann-Verlag veröffentlicht werden). Hier wirken neben vielen anderen mit: Roberto Saviano, Sarah Wiener, Ian Kershaw und Jean Ziegler. Mario Adorf liefert eine autobiografische „Zugabe“ und Florian Illies erzählt noch mehr aus dem Jahre „1913“. Ein Topthema in dieser Sektion: Klimaforscher Hans Joachim Schellnhuber erörtert mit Richard David Precht und Robert Habeck, ob die Welt noch zu retten ist.
„Der Song ist das Gedicht des 21. Jahrhunderts“, sagt Werner Köhler von der Festival-Leitung, und deshalb sind abermals Vertreter der Musikszene am Start: Peter Licht, Sven Regener und Henning May von der Kölner Band AnnenMayKantereit (siehe unser Gespräch auf Seite 21). Zum musikalischen Teil gehört zudem ein Abend in memoriam Roger Willemsen – mit seinen Texten zur Musik und dem Pianisten Frank Chastenier. Außerdem treten Bela B. Felsenheimer (Ärzte) und Dirk von Lowtzow (Tocotronic) mit literarischen Debüts auf.
Zu den Veranstaltungen, die sich mit einem Thema oder einer Person befassen, gehört eine Würdigung von Heimito von Doderer. Dem Autor der „Strudlhofstiege“ widmen sich Eva Menasse, eben noch als Autorin des „Buch für die Stadt“ in Köln und der Region zu Gast, und Senta Berger. Thea Dorn und Fritzi Haberlandt wollen Gabriele Tergit (1894–1982) dem Vergessen entreißen; dasselbe Ziel verfolgen Carolin Emcke und der Pianist Igor Levit bei Warlam Schalamow (1907–1982). Auch Philip Roth und Astrid Lindgren erfahren jeweils eine Hommage.
Drei Mal Fußball auf dem Programm
Spektakuläre Reden der Weltgeschichte werden unter dem schönen Titel „Der Elchbulle kann heute nicht ganz so laut röhren wie sonst“ gehalten – von Anke Engelke, Gregor Gysi, Benno Führmann, Gerd Köster und anderen. Schließlich geht es – so viel Humor darf gerade bei der lit.Cologne nicht fehlen – um „die hohe Kunst der Beleidigung“. Das Programmheft preist dies prachtvoll an: „Liebes Schwachmatenpublikum, die dusselige Blondine Cordula Stratmann und der norddeutsche Vollpfosten Bjarne Mädel freuen sich auf Sie!“
Gleich dreimal steht der Fußball auf dem Programm. Uli Borowka und Manni Breuckmann bilden ein Team, „Zettel“-Ewald Lienen und Wolfgang Niedecken ein weiteres und Thomas Hitzlsperger, Hermann Hummels (ja, der Vater), Christoph Kramer („Schiri, wo bin ich?“) ein drittes.
Schließlich wird, ganz den individuellen Neigungen des lit.Cologne-Teams entsprechend, aufgetischt: René Redzepi und David Silber vom Weltspitzenrestaurant Noma stellen ihr Handbuch vor. Wer Spitzenkoch werden möchte – vielleicht ist das ein Anfang.
Der Vorverkauf für die 19. Ausgabe beginnt an diesem Mittwoch um 10 Uhr. Insgesamt stehen 115000 Karten für 194 Veranstaltungen zur Verfügung. Während ein kräftiges Blau die Festivalfarbe für 2019 ist, muss es im übernächsten Jahr Gold sein. Dann findet die lit.Cologne zum 20. Mal statt. Womöglich mit einem „Best of“ aus all den Jahren?