Emmanuel Macron will die Massen im Louvre besser managen und die Mona Lisa aus dem Museum ausgliedern. Eine dumme Idee.
![Christian Bos](https://static.ksta.de/__images/2022/12/07/757f2d46-0db7-42c2-a0a7-c0197b74def1.png?ar=1:1&w=400&h=400&fm=png&q=70&fit=crop&s=f425c29fa1d061ced6e7c4b77b687fb9)
Louvre-ModernisierungLasst die Mona Lisa in Ruhe!
![28.01.2025, Frankreich, Paris: Der französische Präsident Emmanuel Macron hält eine Rede, um eine mehrjährige Überholung und langfristige Investitionen zur Modernisierung des Louvre anzukündigen. Er steht neben Leonardo da Vincis Gemälde der Mona Lisa.](https://static.ksta.de/__images/2025/01/29/942f44c9-e0c6-4acc-a44a-7096b43eefe0.jpeg?q=75&q=70&rect=0,221,4000,2250&w=2000&h=1334&fm=jpeg&s=554658bef3998c3842c0d0758963ade5)
Der französische Präsident Emmanuel Macron kündigt in eine Rede vor der Mona Lisa eine mehrjährige Überholung des Louvre an.
Copyright: Bertrand Guay/POOL AFP/AP/dpa
Die Szene erinnert an ein Stadionkonzert. Menschen drängen sich einem Fluchtpunkt entgegen. Der ist kaum auszumachen, am ehesten noch in den Displays der hochgereckten Smartphones. Im Salle des États des Louvre ist das Alltag. Hier die schiebenden Massen, dort La Gioconda. In ihrer klimakontrollierten Glasvitrine scheint sie das Spektakel spöttisch lächelnd zu kommentieren.
Ganz Schlaue fotografieren den Handy-Pulk, nicht das ferne Gemälde. Aber glücklich ist hier niemand. Nicht die Touristen, denen es an Willensstärke fehlt, einen Paris-Trip zu absolvieren, ohne der Pop-Ikone auf Pappelholz ihre Aufwartung zu machen. Nicht die venezianischen Werke von Tizian, Tintoretto, etc., die das Pech haben, sich einen Saal mit der Einzigen teilen zu müssen. Und nicht das Museum, das am eigenen Erfolg zu ersticken droht. 8,7 Millionen Besucher zählte der Louvre im vergangenen Jahr, und geschätzte 80 Prozent von ihnen geben als Grund ihres Besuches an, die Mona Lisa sehen zu wollen.
Emmanuel Macron will sich ein Denkmal setzen, wie einst François Mitterrand
Nun hat Emmanuel Macron in einer Pressekonferenz vor dem begehrten Gemälde verkündet, der unhaltbaren Situation ein Ende zu machen: Der Louvre soll einen weiteren Prachteingang zur Seine-Seite hin bekommen – mit der Glaspyramide im Innenhof hatte sich in den 1980er Jahren Macrons Vorgänger im Staatspräsidentenamt, François Mitterrand, ein pharaonenwürdiges Denkmal gesetzt. Auch neue Kellerräume soll der Palast bekommen, um noch mehr Bilder und Betrachter aufnehmen zu können. Vor allem jedoch soll Leonardo da Vincis Meisterstück einen Raum ganz für sich allein erhalten, mit eigenem Zugang und eigenem Ticket.
Das ist eine furchtbare Idee. Zum einen, weil sie all die Menschen, die – von der Mona Lisa angelockt – vielleicht auch den Rest des Museums erkunden wollen, vor verschlossene Türen stellt. Weil sie diese auf das Niveau von Kirmesbesuchern herabwürdigt, während sich die nun vom Pöbel unbehelligten Louvre-Flanierer fortan als Besserguckende fühlen dürfen. Zum anderen, weil Macron „die Heitere“ dem Kontinuum der Kunstgeschichte entreißt, um sie stattdessen als Freudenmädchen für Städtereisende auszustellen.
Es ist heute anstrengend, wenn nicht beinahe unmöglich, seinen Blick auf der Mona Lisa ruhen zu lassen. Berühmt geworden ist sie nicht zuletzt wegen der leeren Stelle, die sie nach ihrem spektakulären Diebstahl 1911 im Louvre hinterlassen hatte. Jetzt ist sie durch ihre übergroße Exponiertheit so gut wie unsichtbar geworden. Das Problem löst man aber nicht, in dem man die Smartphone-Pilgerscharen einfach umdirigiert und extra abkassiert.