Mit seiner Band Ash Ra Tempel schrieb er Krautrock-Geschichte. Dann verfiel der Berliner Gitarrist Manuel Göttsching beinahe zufällig auf die Erfolgsformel des Techno.
Manuel Göttsching totDer Schachspieler, der den Techno erfand
„Wiederholung“, hat Brian Eno einmal geschrieben, „ist eine Form der Veränderung.“ Wie wirkmächtig die Wiederholung sein kann, das fand der Berliner Gitarrist Manuel Göttsching heraus, als er im Dezember 1981 in seinem Heimstudio auf einem Keyboard eine sich mantraartig wiederholende Zwei-Akkord-Figur zum Takt einer Drum-Maschine improvisierte.
Zuvor hatte Göttsching nur im Verbund der Krautrock-Gruppe Ash Rah Tempel veröffentlicht, die er Anfang der 1970er Jahre zusammen mit Hartmut Enke und Klaus Schulze gegründet hatte. Im neuen Jahrzehnt wollte er sein erstes Soloalbum einspielen, doch die Arbeit wollte einfach nicht vorangehen.
Immer wieder kehrte Göttsching zu seiner kleinen Fingerübung zurück, zwei Akkorde, einige simple, arpeggierte Melodien und, ganz spät, noch ein luftiges Gitarrensolo: Schließlich überredete Klaus Schulze ihn – es waren bereits drei Jahre vergangen –, das knapp einstündige Stück auf seinem neuen Label herauszubringen, in kleiner Auflage. Der passionierte Schachspieler Göttsching gab dem Album den Namen „E2-E4“, nach dem klassischen Eröffnungszug des Königsbauern, das Cover zeigte die Felder eines leeren Schachbretts in Braun- und Beigetönen.
Ein bescheidener Anfang mit riesigen Folgen. „E2-E4“ gilt heute als Vorläufer von House und Techno. Göttsching hatte, beinahe unbewusst, die elektronische Tanzmusik erfunden. Der „Guardian“ verlieh ihm dafür den Ehrentitel „The Göttfather“. Bereits am 4. Dezember, wie erst jetzt bekannt wurde, ist Manuel Göttsching im Alter von 70 Jahren in Berlin gestorben.