Der in Köln lebende Autor und Literaturvermittler Dorian Steinhoff spricht über die Kölner Kulturszene und gibt Kulturtipps für den April.
Mein KulturmonatDorian Steinhoff gibt Kulturtipps für den April in Köln
Als ich 2016 nach Köln gezogen bin, kannte ich vor allem schon die Clubszene: Tsunami Club, Gewölbe, Odonien. Obwohl ich inzwischen gar nicht mehr so viel in Clubs gehe, glaube ich, dass eine lebendige Club-Szene ein wichtiger Raum der Selbsterprobung und Standortfaktor ist. Und deswegen schneidet sich Köln letztlich ins eigene Fleisch, wenn diese Szene immer weiter verdrängt wird.
Popkultur und Entertainment sind auch insgesamt, was Köln als Kulturstadt für mich ausmacht – neben der Bildenden Kunst. Fast alle wichtigen Bands und Künstler spielen hier. Besonders mag ich Gloria und Gebäude 9.
Dorian Steinhoff hebt das Kolumba Museum Köln hervor
Das Kolumba ist als Ort unglaublich beeindruckend und besonders, ein Alleinstellungsmerkmal. Nicht nur innerhalb Kölns. Ich kenne eigentlich nichts Vergleichbares. Dieses Gebäude wirkt auf alle, auch diejenigen, die mit der Kunst gar nicht so viel anfangen können. Man ist völlig machtlos gegen diese Architektur.
Es wäre schön, wenn das Kolumba auch beim KölnTag dabei wäre — am ersten Donnerstag im Monat haben ja alle Kölner*innen freien Eintritt, aber leider nur in den städtischen Museen wie dem MAKK, das ich auch sehr gerne mag. Oder das Museum Ludwig, das immer an diesem Langen Donnerstag ein super Programm macht – das ist schon eine geniale Sache in Köln.
Der Autor schätzt die lit. Cologne und die literarische Szene der Stadt
Gerade war ja wieder die lit.Cologne und für das Festival gilt eigentlich das gleiche wie für die Musik: Man kann hier dank der lit.Cologne wirklich viele internationale Autorinnen und Autoren erleben, die man sonst so in Deutschland selten sieht. Wobei auch der Literarische Salon von Guy Helminger und Navid Kermani im Kölner Stadtgarten, die Poetica und das Literaturhaus zum Teil wirklich gute, auch internationale, Gäste haben.
Was ich in Köln auch sehr schätze sind die vielen gut sortierten, inhabergeführten, unabhängigen Buchhandlungen. Wie die Buchhandlung Neusser Straße und die Buchhandlung Bittner zum Beispiel, die beide auch mit einem eigenen Veranstaltungsprogramm in die Stadt hineinwirken.
Prekäres finanzielles Niveau des Kulturbetriebs
Ein schönes Projekt im vergangenen Sommer war die „Short Story Night“ im Rheinauhafen — organisiert von „Land in Sicht“, die auch die Hörspielwiese organisieren. Das war eine coole Idee, das hat das hat irgendwie zur Zeit gepasst und war ein kurzweiliges Format.
Wahnsinnig wichtig finde ich, dass nach den Corona-Hilfen die Budgets für solche Projekte nicht gekürzt, sondern eher erweitert werden. Vor Kurzem erst gab es einen Appell des Netzwerks der Literaturhäuser für eine Ausweitung der finanziellen Förderung. Die Lage ist zum Teil durchaus dramatisch. Während der Pandemie wurde bereits offenkundig, auf welch prekärem Niveau weite Teile des Kulturbetriebs arbeiten. Die verschiedenen Krisen, in denen wir stecken, und das Auslaufen von Neustart Kultur verschärfen diese Situation. Ich fände deswegen wichtig, dass es ein Nachfolgeprogramm von Neustart Kultur gibt, das Urheber, freie Szene und Institutionen gleichermaßen berücksichtigt.
Drei Veranstaltungstipps
Mülheimer Nacht
Performances, Konzerte, Partys, Führungen, Lesungen, Food, Wein, Theater, Ausstellungen: Es gibt viel zu erleben, zu entdecken. Unter anderem laden im Kunstwerk Künstler*innen in ihre Ateliers und geben Einblicke in ihre Arbeitsweisen. Bleiben, weiterziehen, zurückkehren, viel mitnehmen, alles in einer Nacht, in Köln-Mülheim. Cross the Bridge, es lohnt sich. 22.4., ab 19 Uhr.
Literaturfestival
Bereits zum 8. Mal findet an der Universität zu Köln und anderen Orten in der Stadt vom 17. bis zum 22. April das Festival für Weltliteratur Poetica statt. Dieses Jahr kuratiert von Christian Filips, der für diese Ausgabe ein Programm zum Thema „Das chorische Ich – Writing in the name of“ gestaltet hat. Zu Gast sind unter anderem Patti Smith und Kim de l’Horizon. Der Eintritt zu vielen Veranstaltungen ist frei.
Gesprächsreihe
Die Gesprächsreihe „Eva and the Apple“ schließt eine Lücke im Programm des Schauspiel Köln. Am 12. April um 20 Uhr lädt Philosophin und Gastgeberin Eva von Redecker zum „Natur-Salon“ ein. Im Gespräch mit Klimaktivist David Fopp und Biologin Frauke Fischer werden an diesem Abend aktivistische, philosophische und naturwissenschaftliche Perspektiven auf das Spielzeitmotto Natur beleuchtet.
Zur Person
Dorian Steinhoff, geboren 1985, studierte Philosophie, Rechtswissenschaften und Germanistik an der Universität Trier. Als freier Autor schreibt er Romane, Hörspiele und Theaterstücke. Außerdem entwickelt er als Gründer von „phileas FESTE“ neue Formen des Storytellings und fördert Autorinnen und Autoren. Unter anderem veranstaltet „phileas FESTE“ das bundesweite Leseclubfestival.