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Michael Steinbrecher im InterviewBlutgrätsche beim Bürgermeister

Lesezeit 4 Minuten

Michael Steinbrecher verlässt das „Aktuelle Sportstudio“.

Herr Steinbrecher, nach 21 Jahren hören Sie beim „Sportstudio“ auf. Es hat Sie nicht gereizt, Kürtens Rekord von 375 Moderationen zu knacken?

Michael Steinbrecher: Im Gegenteil. Dieter Kürten und Harry Valérien sind für mich die herausragenden „Sportstudio“-Moderatoren. Natürlich gab es von Hanns Joachim Friedrich bis zu Günther Jauch auch viele andere, aber diese beiden haben die Geschichte der Sendung geprägt. Es kann kein Ziel sein, Dieter Kürten überholen zu wollen, das würde ich eher als Affront empfinden.

Mit der Jubiläumssendung am 14. August hat das „Sportstudio“ endlich mal wieder Gesprächsstoff produziert. Ist dieser Anspruch zuletzt nicht etwas kurz gekommen?

Steinbrecher: Gerade in den letzten Wochen haben wir durch kontroverse Gespräche über die aktuelle Doping-Studie für Schlagzeilen gesorgt. Man muss aber auch berücksichtigen, wie stark sich die Medienlandschaft verändert hat. Es gibt heute eine Vielzahl von Sendungen, die sich mit Sport befassen. Allein das „heute-journal“ hat beinahe täglich über die Doping-Studie berichtet.

Haben die Gespräche in der Jubiläumsshow nicht gezeigt, dass sich im Grunde seit den Siebzigern nicht viel getan hat?

Steinbrecher: Wenn dies durch eine Diskussion deutlich wird, ist das doch auch ein Ergebnis. Für uns als Journalisten geht es ja nicht darum, etwas zu beschönigen, sondern darum, Entwicklungen aufzuzeigen.

Fußball ist eine der letzten heiligen Kühe hierzulande. Wollen die Fußballfans da wissen, ob die Leistung ihrer Idole womöglich auf unerlaubte Substanzen zurückzuführen ist?

Steinbrecher: Das kann ich nur schwer beurteilen. Aber es ist unsere Aufgabe, genau hinzuschauen. Natürlich wird es Zuschauer geben, die in erster Linie daran interessiert sind, den Live-Sport mit allen Emotionen zu genießen. Aber das darf für uns Journalisten ja nur die eine Seite sein. Wir müssen den Sport auch als gesellschaftliches Phänomen wahrnehmen; mit allem, was er an positiven, aber auch negativen Begleiterscheinungen mit sich bringt.

Zum Beispiel?

Steinbrecher: Neben Doping etwa die Gewalt in den Fußballstadien oder die Gefahr der politischen Instrumentalisierung sportlicher Großereignisse. Sport lässt sich aus der Gesellschaft ja gar nicht herauslösen. Für mich ist Sport ein Mikrokosmos, in dem sich vieles widerspiegelt, was in der Gesellschaft passiert. Das macht die Arbeit als Sportjournalist spannend.

Glauben Sie, dass es aktuell im Bundesligafußball Doping gibt?

Steinbrecher: Was wir glauben, ist nicht entscheidend; man muss es nachweisen. Spekuliert wird viel. Wir wissen, dass es im Radsport flächendeckendes Doping gegeben hat. Es wäre aus meiner Sicht nicht logisch, dass sich das nur hier konzentriert. Es gibt ja noch weitere Sportarten, in denen Athletik und Ausdauer wichtig sind – und in denen es um noch mehr Geld geht. Der spanische Doping-Arzt Fuentes hat im Prozess ausgesagt, dass er nicht nur Radsportler mit Dopingmitteln versorgt hat. Man darf den Fußball nicht tabuisieren.

Sie mussten sich als junger Mann zwischen Fußball und Fernsehen entscheiden. Wie schwer ist Ihnen das gefallen?

Steinbrecher: Mir war früh klar, dass mein Weg in den Journalismus führt. Ich war Abwehrspieler und kam vor allem über die Athletik, aus mir wäre nie ein herausragender Fußballer geworden.

Lassen sich die Rahmenbedingungen damals und heute vergleichen?

Steinbrecher: Fußball spielt heute eine ganz andere Rolle als zu meiner Zeit. Speziell während der großen Turniere interessiert sich praktisch jeder für Fußball, entsprechend groß ist die wirtschaftliche Aufwertung, die der Sport erfahren hat.

Wie haben Sie zu Beginn Ihrer Karriere die Reaktionen auf Ihre ersten Moderationen erlebt?

Steinbrecher: Sowohl intern wie auch in der Öffentlichkeit sehr positiv. Sicherlich gab es auch mal Kritik, aber ich habe inhaltliche Kritik immer schon als hilfreich empfunden, weil man sich nur so verbessern kann. Und von Kritik, die nicht sachlich ist, sondern persönlich wird, darf man sich nicht beirren lassen.

Sie machen nach wie vor einen fitten Eindruck. Spielen Sie eigentlich noch Fußball?

Steinbrecher: Zuletzt eher selten, man braucht ja Mitspieler und die Gelegenheit. Außerdem bin ich immer noch sehr ehrgeizig, und es kam nicht immer gut an, wenn wir mit dem ZDF-Team gegen eine Stadtauswahl gespielt haben und ich den Bürgermeister abgegrätscht habe.