Sie reagiert schnell und scharf auf jede Frage und mischt sich sofort ein, wenn ihrem Partner die Worte fehlen: Miriam Kachelmann, 26 Jahre, Psychologie-Studentin und ausgebildete Bühnendarstellerin, demonstriert am Sonntagabend bei Günther Jauch, dass sie schlagfertig ist.
Wie eine Mutter ihr kleines Kind verteidigt, springt sie für ihren Mann in die Bresche. Das war schon so bei der Präsentation des gemeinsam verfassten Buchs „Recht und Gerechtigkeit“ auf der Frankfurter Buchmesse wie jetzt jüngst auch bei Jauch. Als der Moderator ihr die absurde Frage stellt, ob sie nicht gedacht hätte: „Wenn der mich schon belogen hat, dann wird er möglicherweise auch eine Vergewaltigung leugnen“ – da antwortet sie, die ihn noch während des Prozesses im März 2011 geheiratet hat, ganz souverän: „Das wusste ich, dass er dazu nicht in der Lage sein kann.“
Attacke gegen Polizei und Justiz
Anderthalb Jahre nach dem Freispruch am Ende eines der spektakulärsten Strafprozesse wegen Vergewaltigung bietet das Buch von Jörg und Miriam Kachelmann noch genug Zündstoff, wie die Talkshow bei Jauch belegt. Das Paar, das sich der Debatte mit dem ehemaligen Vizepräsidenten des Bundesverfassungsgerichts Winfried Hassemer und dem früheren Bundesinnenminister Gerhart Baum wie dem Journalisten Hans-Hermann Tiedje stellte, muss sich verteidigen – unter anderem gegen Tiedjes Beleidigungen und Unterstellungen. Erfolgreich kann das nur Miriam Kachelmann, die starke Frau mit einem Selbstbewusstsein ohnegleichen.
Als Hassemer Jörg Kachelmann angesichts seiner Attacken auf die Justiz vorwirft: „Sie haben so etwas wie eine Verallgemeinerungsmaschine in ihrem Denken“, übernimmt sie wieder die Antwort: „Das ist nicht wahr.“ Als Gerhart Baum ihr bescheinigt, die Straftat Vergewaltigung zu beschönigen, fährt sie ihn an: „Ich bin selbst eine Frau. Ich kann das durchaus einschätzen.“
In den von ihr verfassten Kapiteln im Buch geriert sie sich als Expertin in Sachen Vergewaltigung und wie die Justiz mit solchen Verbrechen umgeht.
Ein Jahr gekannt
Sie beschreibt recht eindrucksvoll ihre eigene Vernehmung als Zeugin durch ein wenig sensibles Gericht. Sie gibt zu, nach der Festnahme von Jörg Kachelmann auf dem Frankfurter Flughafen, wo sie ihn am 20. März 2010 abholen wollte, schockiert gewesen zu sein – auch über die nach und nach bekannt gewordenen Affären. Sie hat ihn damals ein Jahr gekannt, die ersten Kontakte zu ihm hatte die aus der sächsischen Kleinstadt Borna stammende Frau übers Internet geknüpft – und auch nichts von seinen Vielfachbeziehungen zu anderen Frauen geahnt. Sie begann in Konstanz zu studieren, unter anderem auch, um möglichst nah an Kachelmann zu sein, der in der Schweiz lebte.
Miriam Kachelmann behauptet, dass Falschbeschuldigungen wie jene gegen ihren Mann kein Einzelfall seien. Sie zitiert den Hamburger Rechtsmediziner Professor Klaus Püschel, der eine Ambulanz für Gewaltopfer leitet. Demnach sind seine Fälle zu knapp einem Drittel tatsächliche Vergewaltigungen, bei einem weiteren Drittel lasse sich die Frage mit rechtsmedizinischen Mitteln nicht klären, und beim restlichen Drittel handle es sich um Selbstbeibringung von Spuren.
Attacke gegen die Polizei und die Justiz
Sie greift die Verbände an, die sich um Opfer von Gewalttaten kümmern und wirft ihnen Parteilichkeit vor. Sie attackiert Polizei und Justiz im Allgemeinen und in Mannheim im Besonderen und betont immer wieder, dass ihr Mann nur eines von vielen Opfern sei. „Sich schützend vor Frauen zu stellen kommt immer gut an“, schreibt sie, „selbst dann, wenn die Frau der Angreifer ist.“
Frau Kachelmann beweist ihre Angriffslust auch im Fall Alice Schwarzer, die wegen ihrer Berichterstattung und Kommentierung für die „Bild“-Zeitung einstweilige Verfügungen kassierte. Schwarzer hatte unter anderem – ungestraft – die Heirat der Studentin mit dem Meteorologen so kommentiert: „Eins ist vermutlich kein Zufall: dass die Eheschließung ausgerechnet jetzt eine weitere Ohrfeige ist für zahlreiche Frauen, die Kachelmann über Jahre miteinander betrogen hat.
Denn trotz alledem hatte sich die eine oder andere noch immer Hoffnungen gemacht…“
Ein Schlagabtausch zwischen Miriam Kachelmann und Alice Schwarzer wäre sicher spannend, spannender möglicherweise als der Auftritt bei Jauch.