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MusikpreisSind die Grammys korrupt oder nur nachlässig?

Lesezeit 2 Minuten

The Weeknd bei einem Auftritt im Jahr 2018 

Los Angeles – „Die Grammys bleiben korrupt“, twittert Abel Makkonen Tesfaye wütend. Unter seinem Künstlernamen The Weeknd ist der Kanadier seit Jahren einer der erfolgreichsten Popstars der USA. Seine im März veröffentlichte LP „After Hours“ war bereits sein viertes Nummer-Eins-Album in den Billboard-Charts, auch die ersten zwei Singleauskopplungen erreichten jeweils den Spitzenplatz.

Selbst die Kritiker hatten sich nicht mehr so einhellig begeistert von einem The-Weeknd-Album gezeigt, seit der damals noch völlig unbekannte Tesfaye 2011 mit dem Mixtape „House of Balloons“ einen Kurswechsel beim R’n’B-Genre einleitete – in Richtung eines drogenverkaterten und leicht verzweifelten Don Juanismus.

Vor zwei Wochen verkündete die National Football League, dass The Weeknd 2021 die prestigeträchtige Halbzeitshow des Super Bowls bestreiten wird. Das war der fehlende Ritterschlag. Tesfaye hat also keinen Grund, wütend zu sein.

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Bis auf den einen, dass er – ausgerechnet in seinem bislang erfolgreichsten Jahr – bei den just verkündeten Grammy-Nominierungen unerklärlicherweise leer ausgegangen ist. „Ihr schuldet mir, meinen Fans und der Industrie Transparenz“, schreibt Tesfaye weiter auf Twitter. Sein kanadischer Kollege Drake pflichtet ihm bei: Selbstverständlich hätte er für Album und Song des Jahres nominiert werden müssen.

Dann feuert Drake, der meistgestreamte Star des vergangenen Jahrzehnts, eine Breitseite ab: „Wir sollten uns nicht mehr von der Kluft zwischen wirkmächtiger Musik und diesen Auszeichnungen schockieren lassen, und akzeptieren, dass die einst höchste Form der Anerkennung für Künstler heute keine Rolle mehr spielt.“

Ist Super Bowl der Grund?

Das Klatsch-Portal „TMZ“ vermutet indes, dass ausgerechnet der Super-Bowl-Gig The Weeknd die Nominierung gekostet haben könnte: Angeblich wollten ihn die Grammys 2021 nur exklusiv buchen.

Einer Unterstellung, der Harvey Mason Jr., Interims-Chef der ausrichtenden Recording Academy, energisch widerspricht. Die Wahl der Jury sei bereits abgeschlossen gewesen, als der Super-Bowl-Auftritt verkündet wurde. Er sei selbst davon überrascht, dass The Weeknd übergangen worden ist.

Auch Bob Dylan übergangen

Die Geschichte des wichtigsten Musikpreises der Welt ist gespickt mit Brüskierungen zumal schwarzer Künstler. Das weiß auch die Recording Academy. Weshalb sie dieses Jahr Beyoncé – deren Meisterstück „Lemonade“ 2017 berüchtigterweise gegen Adeles „25“ verlor – gleich neunmal nominiert hat, obwohl die 39-Jährige kein reguläres Album veröffentlicht hat.

Ein schmaler Trost für Tesfaye bleibt: Selbst der alte, weiße Mann Bob Dylan, der 2020 mit „Rough and Rowdy Ways“ eines der besten Alben seiner Karriere veröffentlichte, ist den Grammy-Juroren durchgegangen.