Tom Verlaine veröffentlichte mit seiner Band Televison eines der besten Alben der 1970 Jahre. Jetzt ist der New Yorker Gitarrist und Sänger mit 73 Jahren gestorben. Ein Nachruf.
Nachruf auf Tom VerlaineIhm verdanken wir die besten zehn Minuten Musik der 1970er
Als im Februar 1977 „Marquee Moon“, das Debüt von Tom Verlaines Band Television, erschien, rümpften Anhänger der reinen Lehre die Nase: Die New Yorker seien die Grateful Dead des Punkrocks. Eine gniedelnde, in sich versunkene Jam-Band, die Antithese zur kantigen Powerchord-Direktheit von Kollegen wie Blondie oder den Ramones, mit denen sie zusammen im CBGB auftraten.
Tatsächlich hatte Verlaine mitgeholfen, die Bühne des Clubs in der Lower East Side aufzubauen, im bildlichen wie im buchstäblichen Sinne. Nur lagen seine musikalischen Wurzeln Lichtjahre vom Rock’n’Roll entfernt. Als junger Mann in Joe Bidens Wohnort Wilmington begeisterte er sich für John Coltranes und Miles Davis.
Das lässt sich in Verlaines geschmeidig-schlängelnden Gitarrenläufen nachhören, die er unverzerrt ins Mischpult einzuspielen pflegte. Doch der Grateful-Dead-Vergleich führt in die Irre: Eine epische Song-Suite wie das Titelstück von „Marquee Moon“, zugleich frei mäandernd und mit zusammengepressten Lippen musiziert, hätte Jerry Garcia kaum hinbekommen. Es sind vielleicht die besten zehn Minuten Musik der 1970er Jahre.
Dazu heulte Verlaine vom Friedhofshügel aus den bleichen Mond an, wie der böse Poet Paul Verlaine, von dem er, als Thomas Miller geboren, seinen Künstlernamen entliehen hatte.
Television löste sich nach nur zwei Alben auf und verdammten sich auf diese Weise selbst zum ewigen Geheimtipp, während Mitstreitern wie Blondie oder den Talking Heads der Sprung in die Charts gelang. Aber auch Tom Verlaines Solo-Alben der 80er Jahre sind ein Wiederhören wert. Nicht umsonst coverte David Bowie auf seinem „Scary Monsters“-Album Verlaines Song „Kingdom Come“.
Am Samstag ist Tom Verlaine im Alter von 73 Jahren in New York gestorben, wie Jesse Paris Smith, die Tochter seiner lebenslangen Freundin Patti Smith, dem „Rolling Stone“ bestätigte: „Er starb friedlich in New York City im Kreise enger Freunde. Seine Vision und seine Vorstellungskraft werden uns fehlen“, schrieb Smith.