Der Kulturrat NRW befürchtet eine „Lähmung“ der Kulturszene, weil der Kulturetat der Landesregierung nicht weiter steigt. Das klingt nach Schreckensrhetorik, ist es aber nicht.
NRW kürzt KulturetatGlaubt Kulturministerin Ina Brandes noch an ihr Versprechen?
Wenn es um Steuergeld geht, kann es nie schaden, mit spitzen Fingern nachzurechnen. Allerdings trieb den Kulturrat NRW nicht die Sorge um angebliche Verschwendungen an die Taschenrechner, als er zum letztjährigen Weihnachtsfest die Ausgaben des nordrhein-westfälischen Ministeriums für Kultur und Wissenschaft addierte. Unterm Strich, so der Kulturrat, hatte sich der Kulturetat im Jahr 2022 um 5,6 Millionen Euro erhöht. Nicht schlecht, in diesen Zeiten. Versprochen hatte die schwarz-grüne Landesregierung allerdings, den Kulturetat bis zum Ende der Legislaturperiode im Jahr 2027 um 50 Prozent und damit um jährlich 30 Millionen Euro zu erhöhen.
„Ein sehr negatives Signal“ resümierte der Kulturrat damals, doch habe das Ministerium zugesichert, am Ziel der 50-prozentigen Erhöhung festzuhalten. Seit heute gibt es an diesem Versprechen größere Zweifel denn je: Im aktuellen Haushaltsentwurf der NRW-Landesregierung für das Jahr 2024 steht bei Kulturförderung ein Minus von 7,5 Millionen Euro - das allerdings in einem Haushaltstitel mit Rücklagen „realisiert“ werden soll. Es sind also keine akuten Kürzungen geplant, wie auch der Kulturrat erleichtert anerkennt. Angesichts der „Kostenexplosionen“ im Kulturbereich laufe die Nicht-Erhöhung des Etats jedoch auf eine „Lähmung“ der Kulturszene hinaus, so Lorenz Deutsch, seit diesem Jahr Vorsitzender des Kulturrats NRW.
Es mag als Luxusproblem erscheinen, wenn Etats in schlechten Zeiten lediglich nicht steigen. Allerdings ist in der freien Kulturszene vieles auf finanzielle Kante genäht, wie nicht zuletzt die NRW-Initiative für faire Honorare zeigt – kleine Beträge können in solchen Lagen große Unterschiede machen. Außerdem wirkte die Aussicht auf Etatsteigerungen wie Süßstoff zur bitteren Entlassung Isabel Pfeiffer-Poensgens, der in der Kulturwelt für ihre Kompetenz geschätzten, aber parteilosen Kulturministerin der Vorgängerregierung.
Zwar ist bis 2027 noch viel Zeit, aber so recht glaubt wohl selbst die aktuelle Amtsinhaberin Ina Brandes nicht mehr an ihr ambitioniertes Ziel. So bleibt der Eindruck, dass die Kultur weiterhin ein Anhängsel-Ministerium ist. Selbst im eigenen Haus ist sie eine finanzielle Marginalie: Während der Wissenschaftsetat für das laufende Jahr deutlich mehr als acht Milliarden Euro beträgt, fallen für die Kulturförderung knapp über 300 Millionen Euro an.