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Nur noch ein Pfefferminzblättchen

Lesezeit 3 Minuten

„Er ist nicht der Messias“, kreischt Terry Jones als unwillige Muttergottes Mandy den just überzeugten Jüngern Brians zu. „Er ist nichts weiter als ein unartiger Bengel. Und jetzt verpisst euch!“ Dann knallt er den Leichtgläubigen die Tür vor die Nase zu. Die Szene aus „Das Leben des Brian“ bringt den Film auf den Punkt. Es gibt keine Erlöser. Es gibt nur Sinnsucher und „very naughty boys“. Und den wunderbaren Terry Jones, die gute Seele der Monty Pythons, der vor der Kamera am liebsten bösartig keifenden Weibsbilder mit sichtbaren Bartschatten spielte.

Im walisischen Colwyn Bay geboren, wuchs Jones in der englischen Grafschaft Surrey auf und ging schließlich nach Oxford, um Literatur zu studieren. Dort trat er schon bald zusammen mit seinem Kommilitonen Michael Palin in der Comedy-Truppe Oxford Revue auf, gemeinsam schrieben und spielten sie auch Sketche fürs Fernsehen. Unter anderem für eine Show namens „Do Not Adjust Your Set“ („Passen Sie ihren Fernseher nicht an“), in der auch ein junger Eric Idle auftrat und für die Terry Gilliam seltsame Animationen anfertigte.

Ein anderes universitäres Autorenduo, allerdings aus Cambridge, bewunderte den schrägen Humor der Sendung. Weshalb John Cleese und Graham Chapman, als ihnen die BBC ein eigenes Format anbot, Jones, Palin, Idle und Gilliam zu einem Geschäftsessen in einem indischen Restaurant einluden: Und so wurde Monty Python geboren, die einflussreichste Comedy-Truppe der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Fühlten sich sensible Gemüter in den Vorkriegsjahren in einer undurchschaubaren, kafkaesken Welt gefangen, konnten sie sich nach 1969 mit pythonesken Humor die Absurditäten der modernen Welt auf die Spitze treiben.

Terry Jones galt als das Herz des Sextetts. Er war nicht der begabteste Darsteller der Pythons, obwohl ihm der denkwürdigste Auftritt zuviel: Als unfassbar fettleibiger, abwechselnd fressender und speiender Mr. Creosote, der nach einem hauchdünnen Pfefferminzblättchen zuviel seine Innereien in ekligst möglicher Weise über die Inneneinrichtung eines Sterne-Restaurants ergießt. Kein allegorisches Gemälde hatte die Todsünde der Völlerei jemals so eindrücklich im Bild eingefangen.

Aber Jones’ wichtigste Beiträge fanden hinter der Kamera statt. Nachdem er sich für Monty Pythons ersten Spielfilm, „Die Ritter der Kokosnuss“ (1973), den Regiestuhl mit Terry Gilliam geteilt hatte, übernahm er für die folgenden Kino-Ausflüge der Truppe – die von Millionen Schülern zu Tode zitierte Religionssatire „Das Leben des Brian“ (1979) und die Sketchsammlung „Monty Pythons Sinn des Lebens“ (1983) – allein die Regie. Ihm sei es zuvörderst darum gegangen, sagte Jones später, jene magischen Momente auf die Leinwand zu bekommen, in denen sich alle sechs Python-Mitglieder vor Lachen krümmten.

Terry Jones’ Post-Python-Filme als Regisseur, „Erik der Wikinger“ (1989) und „Sturm in den Weiden“ nach Kenneth Grahames Kinderbuch „The Wind in the Willows“ (1996), zeigen sehr schön die sanftere, mythengesättigte Seite des Comedian. Mit „Personal Service“ (1987), der Geschichte eines Vorstadtbordells, das sich auf die Bedürfnisse ältere Männer spezialisiert hat, gelang ihm ein Hattrick: Von den insgesamt vier Filmen, die zu jener Zeit in Irland offiziell verboten waren, hatte Terry Jones drei zu verantworten.

Später drehte der Vielbelesene TV-Dokumentationen über mittelalterliche Geschichte und schrieb fast 20 Kinderbücher. In seinen letzten Jahren ereilte ihn eine furchtbare Diagnose: Eine seltene Demenzerkrankung ließ ihn, der so wunderbar kreischen konnte, binnen weniger Monate verstummen. Am 21. Januar starb Terry Jones in London an den Folgen seiner Krankheit. Er wurde 77 Jahre alt.