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phil.CologneLuxus, Kunst und Sexualität

Lesezeit 3 Minuten

Der Künstler Markus Lüpertz

  1. Die phil.Cologne findet in diesem Jahr zum vierten Mal in Köln statt.
  2. Das Internationale Festival der Philosophie, ein Ableger der lit.Cologne, endet am Dienstag.

KölnEin Abend über Luxus

Ist ein Abend über Luxus schon Luxus? Nicht die schlechteste Einstiegsfrage für eine Veranstaltung, die sich mit einer Definition des Luxus beschäftigt. Steckte in der Eröffnung von Moderator Joachim Frank doch bereits alles, worüber der Philosoph Lambert Wiesing und sein Gegenüber Elmar Salmann am Freitag in der Comedia diskutieren sollten: Was genau ist Luxus? Ist er moralisch okay?

Lambert Wiesing, Professor für Bildtheorie und Phänomenologie in Jena, versucht sich in seinem 2015 erschienenen Buch an einer Phänomenologie des Luxus. Wiesing zufolge ist Luxus nichts, was einen Gegenstand selbst auszeichnet, sondern eine Art von Erfahrung, zu der notwendig Besitz gehört: „Luxus ist ein Dadaismus des Besitzes.“ Was besessen werde, sei dabei egal, Hauptsache der Aufwand gehe über das Notwendige hinaus.

Zum Luxus gehöre das Gefühl der Freiheit, bestätigt auch der Theologe Salmann, der Wiesings Definition vom Luxus als privatem „Aufstand gegen Zweckrationalität und Effizienz“ im Großen und Ganze zustimmt. Und doch mit launigen Einwürfen zeigt, wo Wiesings Lexikoneintrag ergänzungsbedürftig wäre: Wie verhält sich Luxus zu Moral? Wann kippt Besitz in Besessenheit? Die Frage nach der Moral stelle sich erst in zweiter Ebene, glaubt Wiesing, nämlich dann, wenn es um die Herkunft des Besitzes gehe.

Die Kunst und das Leben

„Über die Kunst und das gute Leben“ – so verheißungsvoll klang der Titel der samstäglichen Begegnung zwischen Markus Lüpertz und Hanno Rauterberg, Kunstkritiker der „Zeit“ (Moderation: Thomas Laue) in den Balloni-Hallen. Was unterscheidet einen Dilettanten von einem Künstler? „Nichts“, so Lüpertz, Routine sei die Gefahr, nicht der Dilettantismus. Der 75-jährige Künstler ist als diskursiver Sparringspartner frech und beweglich, auch widersprüchlich. Rauterberg hangelt sich an den Thesen in seinem Buch entlang, am Kunstbegriff, am Betrachter, der im Künstler ein Lebensideal verkörpert sieht, an der Verantwortlichkeit der Kunst in einem überbordenden Kunstmarkt, in dem Rüstungsunternehmen Kunst sponsern; Thesen, denen Lüpertz entschlüpft. Er ist Maler, seine Existenz das Malen, der Künstler nur seinem Werk verpflichtet. Und das Hehre existiere, damit der Mensch in seinem Bedürfnis nach Erhöhung den Alltag ertragen kann. Kunst ist Bestand der Gesellschaft. So weit, so gut.

Das Gespräch nimmt seinen eigenen Lauf. „Das gute Leben“ als Leitthema verliert sich. Aber unterhaltsam, doch nicht ohne Ernst, ist die Begegnung, wenn Lüpertz ganz selbstverständlich erklärt: „Gott hat die Maler erschaffen, damit sie den Menschen die Welt zeigen.“ Eine nicht unüberzeugende Aussage, wenn man das Theosophische mal außer Acht lässt. Am Ende nähert man sich an: Der Umgang mit der Kunst ist verloren gegangen, doch die Gesellschaft dafür verantwortlich, nicht die Kunst.

Das Schelling-Projekt

„Warum hat die Natur so hohe libidinöse Belohnungen für die Fortpflanzung?“, fragt Peter Sloterdijk auf der Suche nach einer Erklärung des Orgasmus – und erntet beim Publikum jenes Gelächter, das durchaus in Nachdenklichkeit überzugehen verdiente.

Denn tatsächlich verfährt die Natur selektiv, die Fortpflanzung der Fische etwa kommt ohne Orgasmen aus. Um die „Orgasmogenese“ und vor allem die evolutionäre Entwicklung der weiblichen Sexualität geht es in einem philosophischen Roman Sloterdijks, der im August erscheint, von dem die Zuhörer beim von Wolfram Eilenberger moderierten Gespräch in den Balloni-Hallen schon jetzt aber Appetithappen gereicht bekamen.

Das Buch heißt „Das Schelling-Projekt“ – was hochphilosophisch klingt, in diesem Fall aber zunächst einmal nur das Forschungsvorhaben einiger Wissenschaftler eben zum Orgasmus meint, dessen Förderung die Deutsche Forschungsgemeinschaft ablehnt. Dies eine der hochironischen Pointen des Buches. Um romantische Naturphilosophie geht es dennoch – Natur und Geist, Orgasmus und Erkenntnisglück rücken in dieser Perspektive eng zusammen. Ob die denkerische Stringenz des Romans dem absehbaren Feuerwerk an glanzlichternden Assoziationen entsprechen wird? Man wird sehen.