Plitsch-Platsch in BayreuthBlutige Aufführung von Wagners „Walküre“
Bayreuth – Die „Walküre“ gibt es bei den aktuellen Bayreuther Festspielen ausnahmsweise als einzigen Teil der Tetralogie. Der schon für das letzte Jahr geplante neue komplette Ring ist aufs nächste Jahr verschoben. Mit ihrem „Ring 20.21“ will Hügelchefin Katharina Wagner die Hoffnung auf die Neuinszenierung wachhalten.
Das „Rheingold“ ist mit der einstündigen Uraufführung von Gordon Kampes „Immer noch Loge“ vertreten. Am und im Teich vor dem Festspielhaus wird dem Feuergott der Prozess gemacht. Mit Puppen von Nikolaus Habjan und einem Text von Paulus Hochgatterer. Eigenständig und doch mit vielen Déjà-vu-Momenten für Wagnerianer. Auf der gegenüberliegenden Parkseite erinnert die Installation „The Thread of Fate“ von Chiharu Shiota an die „Götterdämmerung“. Anstelle des kompletten „Siegfried“ konnte man mit einer 3D-Brille in Jay Scheibs Kreation „Sei Siegfried“ selbst einen Drachenkampf im Festspielhaus durchleben.
Hermann Nitsch macht aus Bayreuth sein Atelier
Den Abend füllte dann die komplette „Walküre“ als konzertante Aufführung. Aber in Farbe. Wo sich der Leipziger Malerstar Neo Rauch beim Entwerfen seiner Bayreuther „Lohengrin“-Bühne mit Wagners Musik in seinem Atelier inspirieren ließ, da nimmt der Wiener Aktionisten-Altmeister Hermann Nitsch (82) das Wort von der Werkstatt Bayreuth so wortwörtlich, wie vor ihm noch niemand. Bei Nitsch wird der riesige Bayreuther Bühnenraum zu einer Außenstelle seines Ateliers.
Nitsch lässt drei Mal live über die Länge eines Aufzuges ein riesiges aufgestelltes Triptychon und die waagerechte Fläche dazwischen von zehn Assistenten einfärben. In der Senkrechten laufen die Farben von oben herab. Auf dem Boden werden sie mit Schwung verschüttet. Am Beginn ist alles weiß, am Aktende alles bunt. Zwischendurch jede Menge Farbspiele. Dabei kommt so eine Art Strichcode-Abstraktion in Fluss heraus. Und zum finalen Feuerzauber dominiert natürlich das Blutrot. Auch davor kann man sich den einen oder anderen Zusammenhang zwischen dem „Walküre“-Soundtrack und der Kunstaktion denken. Man kann es aber auch lassen. Nitschs Bodenpersonal hatte eher keinen Sinn für die Musik. Vor jeder Piano-Stelle konnte man sicher sein, dass eine neue Ladung Farbe mit einem lauten Platsch auf dem Boden und zwischen der Musik landet. Die Idee war gut, das Ergebnis, eher so „na ja“. Für sich genommen war es schön und bunt. Sinnstiftend war es nicht.
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Für den designierten, kommenden „Ring“-Dirigenten Pitari Inkinen, war dieser Abend im besten Falle eine Generalprobe unter Premierenbedingungen. Er bekam etliche Buhs – in diesem Haus hat das Publikum den Vergleich mit Krill Petrenko oder Christian Thielemann. Man kann nur hoffen, dass der Theateraberglaube stimmt, dass es ein gutes Zeichen für die Premiere (im kommenden Jahr) ist, wenn bei der Generalprobe etwas nicht klappt. Und, dass Christian Thielemann (mit oder auch ohne bereits unterschriebener Vertragsverlängerung als faktischer Musikdirektor der Festspiele) hier seine Erfahrungen einbringt. Vielleicht kommt dann noch die Spannung, vor allem das Tempo und die Kontur zustande, die in diesem ersten Anlauf noch fehlten.
Da Günter Groissböck nach der Generalprobe den Ich-bin-noch-nicht-so-weit-Künstler gegeben und hingeschmissen hatte, war Thomasz Konieczny der Einspringer-Wotan. Und machte das mit edler Stimmgewalt gut. Der Hunding von Dmitry Belosselskiy war eine sichere Bank und die Fricka von Christa Mayer demonstrierte einmal mehr, dass Wotans Ehefrau nicht keifen muss, um sich durchzusetzen. Mayer war auch eine der Walküren, die bei ihrem berühmten Ritt zwar in Reih und Glied an der Rampe standen, aber leider nicht so klangen.