Die PiS-Herrschaft in Polen ist beendet. Ein Moderator des Staatssenders bittet nun um Entschuldigung für Worte aus der Vergangenheit.
Jahrelang „beschämende Worte“Polnischer Moderator entschuldigt sich in Livesendung bei LGBT+-Zuschauern
Ein Fernsehmoderator des polnischen Staatssenders TVP hat sich in seiner Sendung für die jahrelangen „beschämenden Worte“ gegenüber LGBT+-Personen entschuldigt, die im Programm des Senders und auch von ihm selbst geäußert worden seien. Der prominente polnische Menschenrechtsaktivist Bart Staszewski, der bei der Sendung zusammen mit der Trans-Aktivistin Maja Heban zu Gast war, begrüßte die Entschuldigung von Moderator Wojciech Szelag und bezeichnete sie als Abschluss eines Kapitels in der polnischen Gesellschaft.
Szelag hatte seine Sendung mit der Ankündigung begonnen, dass er ein paar Worte sagen müsse. „Seit vielen Jahren werden in Polen beschämende Worte an zahlreiche Menschen gerichtet, weil sie sich entschieden haben, selbst zu bestimmen, wer sie sind und wen sie lieben“, erklärte der Moderator schließlich direkt in die Kamera gerichtet. „LGBT+-Menschen sind keine Ideologie, sondern Menschen mit Namen, Gesichtern, Verwandten und Freunden“, fügte Szelag an.
„Alle diese Leute sollten irgendwo das Wort ‚Entschuldigung‘ hören“
„Alle diese Leute sollten irgendwo das Wort ‚Entschuldigung‘ hören“, erklärte der Moderator direkt an seine Studiogäste gerichtet und fügte an: „Hier möchte ich mich entschuldigen.“
Der Aktivist und Filmemacher erklärte, die am Sonntag live an ihn gerichtete Entschuldigung zeige den Wandel des Senders, der während der Regierungszeit der rechtsnationalen „Recht und Gerechtigkeit“ (PiS) als Sprachrohr der nunmehr abgewählten Partei gedient habe. „Für manche Menschen ist das nichts, aber für mich ist es viel“, erklärte Staszewski. „Es war ein berührender Moment.“
Menschenrechtsaktivist begrüßt Entschuldigung an LGBT+-Personen im Live-TV
„Acht Jahre lang haben sie LGBT+-Aktivisten – aber auch die LGBT+-Gemeinschaft – als Bedrohung für die polnische Nation dargestellt … diesen Hass an die Menschen weitergegeben“, zitierte der britische „Guardian“ Staszewski am Dienstag. Die Worte im TV-Studio seien „Anerkennung“ und „Entschuldigung“ gewesen, führte der Aktivist aus.
Vor seinem Auftritt in der TVP-Show am Sonntagabend sei er nervös gewesen, schilderte Staszewski, der zusammen mit Heban zum ersten Mal seit acht Jahren zu einem Auftritt beim Sender eingeladen worden war. „Ich hatte große Angst, durch die Tür zu gehen“, erklärte er dem „Guardian“ zufolge. „Es war die Tür des Propagandainstruments, das so viele Jahre lang gegen uns eingesetzt wurde.“
Polen: Donald Tusk hat rasche Reform des Staatssenders angekündigt
Im letztjährigen Wahlkampf hatte der neue Regierungschef Donald Tusk eine rasche Reform des Senders versprochen. Diese sei notwendig, um den Schaden, der an der Rechtsstaatlichkeit während der Regierungsjahre der PiS entstanden sei, wiedergutzumachen. Wenige Tage nachdem Tusks Vereidigung als Premierminister, entließ seine Regierung schließlich die TVP-Führungsspitze und leitete weitreichende personelle Veränderungen bei dem Sender ein. Der Schritt führte auch zu Kritik, wonach die neue Regierung riskiere, dass die Maßnahme als Absicht verstanden werden könne, selbst einen eigenen politisierten TV-Sender zu wollen.
Der Clip von der Entschuldigung im Live-TV verbreitete sich unterdessen in den sozialen Netzwerken schnell viral. „Viele Leute auf Twitter und Instagram haben mir erzählt, dass es sie zum Weinen gebracht hat“, sagte Staszewski dem „Guardian“. Jetzt wisse man in Polen, „dass eine Art Kapitel zu Ende geht“. Bis zum Donnerstagabend wurde das Video der Entschuldigung mehr als 2,3 Millionen mal im sozialen Netzwerk X abgerufen, nahezu 20.000 Menschen markierten es mit einem Like. (das)