Eine Gruppe setzt ihre Träume gegen die übermächtige Künstliche Intelligenz ein. So ist das neue Stück im Kölner Theater der Keller.
Premiere in Köln„Die Matrix“ im Theater der Keller überzeugt auch ohne Keanu Reeves
In einer nicht allzu fernen Zukunft scheint der Mensch den Kampf gegen die Maschine verloren zu haben. Nur eine kleine Gruppe, die sich „Die Matrix“ nennt, ist entschlossen, sich dem Diktat einer von künstlicher Intelligenz beherrschten Welt nicht beugen zu wollen.
Jeden Dienstag trifft sich die kleine Schar, deren Mitglieder sich alle Decknamen gegeben haben, in einem schmucklosen, nüchternen Seminarraum. Unter Leitung ihres Meisters namens Franz (Marc Fischer) vollziehen Diogenes (Jonas Laiblin), Barbara (Friederike Neutze) und Franz (Ramona Petry) hier allwöchentlich ihre physischen und geistigen Exerzitien zwischen Yoga, Meditation und Hypnose, auf der Suche nach der ureigenen Selbstermächtigung.
Zum ersten Mal dabei ist das neue Mitglied Albert (Alexandra Lowygina), das sich anfangs nahtlos in das Gruppengefüge einfindet. Im Zentrum jeder dieser spirituell angehauchten Sitzungen steht ein weißes Rechteck, das jedes Mitglied der Matrix im Laufe des Abends betritt, um zu träumen und das Erlebnis des Traumes den anderen Anwesenden mitzuteilen.
Heinz Simon Keller zeigt Menschen auf der Suche nach Sinn jenseits der Künstlichen Intelligenz
Im Traum soll die Abgrenzung von der alles vereinnahmenden KI gelingen, doch auf der Suche nach Sinn und Orientierung in einer zunehmend entgrenzten Welt, stolpert die Gruppe immer wieder über die profanen Dynamiken des zwischenmenschlichen Miteinanders.
Dem hehren Anspruch freier Entäußerung stehen die manipulativen Mechanismen des Seminarleiters entgegen, der seine eigenen Ziele zu verfolgen scheint. Das neue Mitglied Albert wiederum streut durch unkonventionelle Fragen und Verhaltensweisen zusätzlichen Sand ins Getriebe.
Solche Verwerfungen verweben Regisseur Heinz Simon Keller und Autorin Ulrike Janssen mit der Frage, inwieweit die Künstliche Intelligenz uns entmündigt zu einem dystopischen Drama. Satirisch zugespitzt, wenn das Seminartreiben beobachtet wird und mit vielen philosophischen Fragen behaftet, im komplexen Umgang mit der Künstlichen Intelligenz.
Anspielungen auf bekannte Science-Fiction-Stoffe geben dem Betrachter Haltepunkte im vielschichtigen Umgang mit der Thematik. Das Traumrechteck wiederum weckt Erinnerungen an „The Square“, Ruben Östlunds bitterböse Filmsatire auf den Kunstbetrieb, und die eigentlichen Traumerzählungen, die sich bewusst vom übrigen Handlungsverlauf abheben, finden sich in Luis Buñuels surrealer Gesellschaftssatire „Der diskrete Charme der Bourgeoisie“.
Die poetisch, surrealen Traumerzählungen werden im Theaterstück subtil bebildert durch in das Rechteck projizierte Videoinstallationen (Alice Bleistein). Dafür, dass das KI-Thema dem Publikum nicht zu theorielastig präsentiert wird, sorgen nicht zuletzt die vom Ensemble performten und von Nick von der Nahmer musikalischen begleiteten Songs von Danger Dan bis Sophie Hunger.
Theater der Keller, 14., 28. September, 14., 15., 25., 26. Oktober